Inhalt

Vorheriges Thema

Funktionsweisen erneuerbarer Energietechnologien

Nächstes Thema

Regenerative Potentiale im deutschen Stromnetz

Diese Seite

Statistische Analyse von Wetterdaten

Statistische Analyse von Winddaten

Im folgenden werden zur Analyse von Windpotentialen Reanalyse-Daten des Sander-Windatlas verwendet, die über einen Zeitraum von zehn Jahren in 6-stündlicher Auflösung vorliegen. Die Daten sind für \unit[50]{m} über der jeweils geographischen Höhe gegeben. Die räumliche Auflösung der Daten in Längen- bzw. Breitengraden beträgt 2,5°.

Verteilungen von Windgeschwindigkeiten

Geeignete Windverhältnisse sind die Grundlage für eine ertragreiche Elektrizitätserzeugung aus Windkraft. Jahresangebote an verschiedenen Standorten können aus Geschwindigkeitsverteilungen ermittelt werden.

fig-windverteilung

Gobale Verteilung der mittleren Jahreswindgeschwindigkeit. Quelle: [Molly1978]

Eine einfache Abschätzung kann über die mittlere Jahreswindgeschwindigkeit erfolgen. Sie ermöglicht, wie in Abbildung: Windverteilung dargestellt, eine grobe Kategorisierung, sagt jedoch noch nichts über Häufigkeitsverteilungen aus.

Um nähere Informationen über relative Häufigkeiten von Windgeschwindigkeiten zu erhalten, werden die an einem bestimmten Ort gemessenen Werte in mehrere Intervalle aufgeteilt und als Histogramm dargestellt. Wie in Abbildung: Windverteilung-2 zu sehen, kann die Verteilung in guter Näherung als Weibull-verteilt angesehen werden. Markante Größen einer Weibull-Verteilung (1) sind der Shape-Parameter k, welcher die Form maßgeblich bestimmt, sowie der Scale-Parameter a, der mit wachsender Größe eine aufweitende Verschiebung der Kurve zu höheren Geschwindigkeiten zur Folge hat.

(1)f_{\rm{Weibull}}(| \vec{v} | ) = \frac{k}{a} \cdot \left( \frac{ | \vec{v} |
}{a} \right) ^{k-1} \cdot \exp{ \left[- \left( \frac{ | \vec{v} | }{a}
\right) ^{k} \right] }

Für k=2 wird die Verteilung Rayleigh-Verteilung genannt, für k=1 ergibt sich die Exponential-Verteilung f_{\lambda} =\lambda
e^{-\lambda x},\; x\ge 0. Für k=3,4 ähnelt die Weibull-Verteilung einer Normalverteilung.

fig-windverteilung-2

Histogramm der Windgeschwindigkeiten an einem Ort nördlich von Würzburg (50,0° N, 7,5° W) in 50 Metern Höhe. An die Daten wurde eine Weibull-Verteilung mit k=1,85 und a=5,15 angefittet. Datenquelle: [Sander2002]

Werte für k und a sind vom Standort abhängig. In Tabelle: Weibull-Parameter sind einige Werte ertragreicher Standorte in Europa angegeben.

Weibull-Parameter und mittlere Windgeschwindigkeiten in \unit[50]{m} Höhe einiger windreicher Standorte in Europa. Datenquelle: [Sander2002]
Koordinaten Land k a \bar{v}\text{ in }\unit[]{\frac{m}{s}}
42.5° N, -7.5° E (Spanien) 1.96 6.77 6,0
52,5° N, -5,0° E (England) 2,01 8,59 7,6
42.5° N, -5.0° E (Frankreich) 1.86 7.56 6,7
55,0° N, -7,5° E (Nordsee) 2,11 9,75 8,6
52,5° N, 20,0° E (Ostsee) 2,13 5,84 5,2

Aus der ‘Schiefe’ der Weibull-Verteilung gegenüber einer Normalverteilung ergibt sich, dass die am häufigsten anzutreffende Geschwindigkeit kleiner ist als ihr Median- oder Mittelwert. [1] Gleichzeitig kommen stürmige Phasen selten vor.

Über den tageszeitlichen Verlauf der Windgeschwindigkeiten lässt sich, wie in Abbildung: Windgeschwindigkeit (Durchschnitt) zu sehen, kaum eine allgemeine Aussage treffen. Abhängig von den örtlichen Gegebenheiten treten stark unterschiedliche Tagesgänge auf. Winde auf offener See und entlang der Küsten wehen aufgrund des geringeren Widerstands (Rauhigkeitshöhe) im allgemeinen stärker als auf dem Festland.

fig-windgeschwindigkeit-durchschnitt

Durchschnittliche Windgeschwindigkeiten zu bestimmten Tageszeiten an verschiedenen Orten. Datenquelle: [Sander2002]

Abschätzung des Gesamtjahresertrags

Für Windgeschwindigkeiten sind Monats- oder Jahressummen nur bedingt aussagekräftig. Andererseits gehen bei Mittelungen oder unter Zuhilfenahme von statistischen Verteilungen Informationen über einzelne, konkrete Schwankungen verloren.

Abhilfe kann insofern geschaffen werden, als dass anstelle der Windgeschwindigkeit die darin enthaltene (nutzbare) Leistung betrachtet werden kann. Diese wiederum lässt sich mittels einer gegebenen Leistungskennlinie als Anteil an der maximalen Kapazität einer Windkraftanlage ausdrücken.

Als Volllaststunden wird derjenige Jahresanteil bezeichnet, in dem eine Anlage mit voller Auslastung betrieben werden müsste, um den reellen Jahresertrag zu produzieren. Windkraftanlagen besitzen aufgrund des hohen Anteils niedriger Windgeschwindigkeiten, bei denen nur Teillastbetrieb möglich ist, meist eine Volllaststundenzahl, die weit unter der Anzahl der Jahresstunden liegt. [2]

fig-wind-vollaststunden-boxplot

Häufigkeitsverteilung der in Europa auftretenden Vollaststundenzahlen in Abhängigkeit von der durchschnittlichen Nabenhöhe (50 bzw. 80 Meter) und Leistungskennlinie (vgl. Abbildung ref{fig:beiwert}). Die dicke Markierung stellt den Median-Wert dar. Die übrigen Querlinien markieren die jeweiligen Quartile, das Minimum und das Maximum.

Wird die Volllaststundenzahl für jede Gitterfläche in Europa vorliegenden Winddaten bestimmt, so zeigt sich, dass ertragreiche Standorte durchaus nicht homogen verteilt sind. In Abbildung: Vollast-Stunden (Verteilung) ist für zwei verschiedene Leistungskennlinien und zwei verschiedene Höhen dargestellt, wie häufig bestimmte Volllaststundenzahlen innerhalb Europas vorkommen. Hätten sämtliche Anlagen die Leistungskennlinie I aus Abschnitt: Leistungskennlinien und eine Nabenhöhe von 50 Metern, so käme der windärmste Ort auf 350, der windreichste Ort auf über 3300 Volllaststunden. Der Medianwert läge bei etwa 1070 mit einer Standardabweichung s = \sqrt{
\frac{\sum_{i=1}^{n} (x - \bar{x})^{2} }{n-1}} von ca. 725 Volllaststunden.

Ein ‘Umbau’ auf Anlagen mit der Leistungskennlinie II würde den durchschnittlichen Ertrag um etwa 20% steigern, eine Höhenversetzung ohne Umbau hätte knapp 37% Ertragssteigerung zur Folge. [3] Ein “Repowering” einer Anlage durch Höherbauen und technische Verbesserung auf die Leistungskennlinie II könnte einen Standort sogar um 62% aufwerten. Hierbei gilt es zu beachten, dass eine Anlage auf eine bestimmte Kapazität bzw. Windsituation ausgelegt ist, und somit ein alleiniges Höherbauen meist nicht sinnvoll bzw. technisch unmöglich ist.

In Abbildung: Vollast-Stunden (geographisch) wird die große Schwankungsbreite noch einmal anhand einer Karte verdeutlicht. Innerhalb Europas, also zwischen 35° bis 70° nördlicher Breite und 10° westlicher bis 25° östlicher Länge, haben v.a. regionale Gegebenheiten wie Küstennähe oder Orographie einen entscheidenden Einfluss.

fig-windcontour

Einfluss von regionalen Gegebenheiten auf erreichbare Volllaststunden von Windkraftanlagen in Europa (Leistungskennlinie Typ I, durchschnittliche Nabenhöhe 50 m, vgl. Abschnitt Leistungskennlinien). Orte mit fehlenden Messdaten sind weiß dargestellt.

Flächenberücksichtigung

Möchte man für die einzelnen Rasterzellen in Abbildung: Vollast-Stunden (geographisch) aus den Volllaststunden auf tatsächliche Erträge bei einer bestimmten Kapazitätsdichte schließen, muss die Zunahme der jeweiligen Flächen in Richtung Äquator hin berücksichtigt werden.

Zwar ist keine geschlossene mathematische Formel zur Berechnung der Distanz zweier Wegpunkte auf der Erde möglich, da es sich um keinen regelmäßigen geometrischen Körper handelt, jedoch konvergiert ein 1975 von Thaddeus Vincenty hierfür aufgestellter Algorithmus sehr schnell. Bekannt wurde seine Annährung als “GPS-Formel”: [4]

(2)\Delta \widehat{\sigma}= \arctan{ \left( \frac{ \sqrt{ \left(\cos \vartheta
_{\rm{2}} \cdot \sin{(\varphi_{\rm{2}} - \varphi _{\rm{1}})} \right)^2 +
\left( \cos{ \vartheta _{\rm{1}}} \cdot \sin{ \vartheta _{\rm{2}} } -
\sin\vartheta _{\rm{1}} \cdot \cos \vartheta _{\rm{2}} \cdot \cos{(\varphi
_{\rm{2}} - \varphi _{\rm{1}})} \right)^2 }}{ \sin{\vartheta _{\rm{1}}}
\cdot \sin{\vartheta _{\rm{2}}} + \cos{\vartheta _{\rm{1}}} \cdot
\cos{\vartheta _{\rm{2}}} \cdot \cos{(\varphi _{\rm{2}} - \varphi
_{\rm{1}})} }\right)}

Hierbei wird mit \Delta \hat{\sigma} die Großkreis-Entfernung zwischen zwei Punkten auf der Erdoberfläche bezeichnet, \vartheta_{\rm{1,2}} stellen die Polarwinkel und \varphi _{\rm{1,2}} die Azimuthwinkel des Anfangs- und Zielpunktes dar. Mittels dieser Näherungsformel können die zu dem 2,5°-Gitter gehörenden Flächen als sphärische Rechtecke ausgedrückt werden. Multipliziert man die Flächen mit der Kapazitätsdichte an Windkraftanlagen am jeweiligen Ort, so erhält man den Energiebeitrag einer Zelle zum europäischen Gesamtsystem.

Annahmen für Kapazitätsdichten

In den zur Analyse vorliegenden Daten des Sander-Windatlas [Sander2002] fehlen Datenwerte für einige Orte in Europa. Die im letzten Abschnitt dargestellte Flächenberechnung ergibt, dass nur von 71% der europäischen Fläche Messdaten zur Verfügung stehen. Geht man in einem ersten Ansatz davon aus, dass die in Europa im Jahr 2007 installierten \unit[57,1]{GW} an Windkraftanlagen sich homogen verteilt auf dieser Fläche befinden, ergibt sich daraus eine Kapazitätsdichte von \unit[7,8]{\frac{kW}{m^2} }.

fig-windyear

Jährliche Wind-Gesamtstromerzeugung für verschiedene Modellannahmen (siehe Text). Datenquelle: [Sander2002]

Die untere gestrichelte Linie in Abbildung: Windstromertrag (jährlich) zeigt, dass sich bei Summation über alle Teilflächen aus dieser Annahme ein jährlicher Gesamtertrag von etwa \unit[72]{TWh} ergeben würde. Verglichen mit einer Abschätzung des reellen Gesamtjahresertrages, der im Jahr 2007 etwa \unit[103]{TWh} betrug [5], liegt dieser Wert deutlich zu niedrig.

In der Realität stehen Anlagen bevorzugt an ertragreichen Orten. Geht man in einer zweiten Annahme davon aus, dass sich die gesamte Windkraft-Kapazität auf die ertragreichsten 25% der Orte verteilt [6], so ergibt sich jedoch mit einem durchschnittlichen Jahresertrag von \unit[136]{TWh} eine zu hohe Energiemenge (obere gestrichelte Linie in Abbildung: Windstromertrag (jährlich)).

Sehr nahe am realen Ergebnis liegt der Mittelwert der beiden Kurven, der mit einer jährlich erzeugten Elektrizitätsmenge von \unit[104]{TWh} damit auch als Kalibrierung des Modells für weitere Betrachtungen dient. Die maximalen Abweichungen des jährlichen Windelektrizitätertrags vom Durchschnittswert liegen bei knapp 10%.

Analyse von mittelfristigen Schwankungen

Im folgenden Abschnitt wird angenommen, dass genügend große Speichermöglichkeiten zur Verfügung stehen, um Schwankungen der Windenergie über zumindest einen Tag hinweg ausgleichen zu können. [7]

Die täglichen Erträge schwanken, wie in Abbildung: Windstromertrag (täglich) zu sehen, von \unit[25]{GWh} am windschwächsten Tag bishin zu \unit[917]{GWh} Strom am windstärksten Tag. Im Durchschnitt werden täglich \unit[287]{GWh} erzeugt, mit einer Standardabweichung von \unit[162]{GWh}.

fig-windday

Täglicher Wind-Elektrizitätsertrag für ganz Europa.

Bereits in Abbildung: Windstromertrag (täglich) deutet sich ein jahreszeitlicher Verlauf an. Noch deutlicher zeigt sich dieser, wenn man wöchentliche Durchschnittswerte betrachtet. Anstelle einer pauschalen Festlegung des Wochenbeginns bieten sich gleitende Mittelwerte an. Jede siebentägige Kombination wird hierbei gleichwahrscheinlich als eine Woche (n=7) betrachtet.

Die allgemeine Formel für gleitende Durchschnittswerte lautet: [8]

(3)\bar{x}_{t}=\frac{1}{n}\cdot
\left(x_{t-\frac{n-1}{2}}+\ldots+x_{t-1}+x_{t}+x_{t+1}+\ldots+x_{t+\frac{n}{2}}+x_{t+\frac{n-1}{2}}\right)

Im vorliegenden Fall lässt sich für die ersten und letzten \frac{n-1}{2}=3 Zeitreihenwerte (Tage) kein gleitender Mittelwert berechnen.

fig-windweek

Wöchentlich gleitender Durchschnitt an Wind-Elektrizität in Europa.

Wie anhand der durchgezogenen Linie in Abbildung: Windstromertrag (wöchentlich) zu sehen, schwanken die wöchentlichen Wind-Elektrizitätserträge zwischen \unit[0,4 \text{ und } 5,1]{TWh}. Das Verhältnis von maximaler Schwankungsbreite zu minimaler Ertragsmenge von über 10:1 macht deutlich, dass Windkraft wohl nicht alleinig zur Deckung der Grundlast verwendet werden kann. Durchschnittlich liefert die Windenergie in Europa wöchentlich \unit[2]{TWh} Strom, mit einer Standardabweichung von \unit[0,91]{TWh} (vgl. Tabelle: Windstromerträge).

Durchschnittliche Tages-, Wochen- und Monatserträge in TWh.
Wert Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Tag 0,46 0,45 0,38 0,27 0,20 0,18 0,17 0,17 0,25 0,35 0,39 0,43
Woche 3,24 3,17 2,67 1,90 1,39 1,29 1,71 1,20 1,74 2,46 2,75 2,99
Monat 14,34 12,81 11,81 8,13 6,15 5,53 5,19 5,30 7,44 10,91 11,80 13,22

Unterstellt man die Möglichkeit, die vom Wind erzeugte Strommenge längerfristig speichern zu können, so gleichen sich Wochen mit extrem wenig bzw. viel Ertrag zunehmend aus.

Anhand der gestrichelt eingezeichneten Linien in Abbildung: Windstromertrag (wöchentlich) ist zu sehen, wie sich dieser Effekt bereits bei einer zwei- bzw. vierwöchentlichen Speichermöglichkeit auswirkt. Hierzu müsste allerdings eine völlig neue Form großtechnischer Energiespeicherung erarbeitet werden. Für die europaweit monatlich produzierten ca. \unit[8]{TWh} Elektrizität stehen derzeit nur \unit[32]{GW} installierte Pumpspeicherkraftwerkskapazität zur Verfügung, welche bei einem geschätzten durchschnittlichen Speichervolumen von einem Tag (\unit[768]{TWh}) nicht einmal 10% dieser Energie speichern könnten.

Da ein Ausbau der Pumpspeicherkapazitäten aufgrund geographischer und ökologischer Einschränkungen nur begrenzt möglich ist, stellt wohl die Elektrolyse von Wasserstoff die künftig interessanteste Form der Energiespeicherung dar (vgl. Abbildung: Speicher-Übersicht).

fig-speicher-übersicht

Typische Systemgrößen für verschiedene Speichertechnologien als Funktion der installierten Speicherkapazität (Energie), der installierten Lade- und Entladeleistung und der typischen Entladedauer. Quelle: [Sauer2006]

Die auftretenden Windmaxima in den Wintermonaten bzw. Minima in den Sommermonaten sind nicht überraschend. Luftströmungen werden durch Druckgradienten verursacht, welche wiederum eine Folge von Temperaturgefällen sind. Im Sommer nähern sich die Temperaturwerte der jeweiligen Hemisphäre dem jahreszeitlich recht gleichmäßigen Temperaturverlauf am äquator an, im Winter kommt es aufgrund größerer Einstrahlungs- bzw. Temperaturdifferenzen zu stärkeren Windaufkommen.

Extrema im Windangebot

Zur Klassifizierung der Maxima und Minima im Windangebot wird der Jahresgang “herausgerechnet”, d.h. von den jeweiligen Daten wird das entsprechende Monatsmittel abgezogen. Der damit erhaltene saisonbereinigte Verlauf des täglichen Windangebots ist in Abbildung: Windextrema zu sehen. In der selben Graphik sind auch Mittelungen über drei Tage bzw. eine Woche wiedergegeben.

fig-windextrema

Variationen des Windertrages nach Bereinigung jahreszeitlich bedingter Schwankungen. Drei- bzw. siebentägige Kurvenglättungen sind gestrichelt dargestellt.

Als ‘extreme’ Windsituation wird im folgenden von mindestens eintägigen Perioden ausgegangen, in welchen das Windangebot unter 10% des für den jeweiligen Monat üblichen Durchschnittswertes abrutscht.

Schwankungen hin zu extrem hohem Windangebot fallen zwar betragsmäßig oft stärker aus, halten dafür allerdings nicht so lange an. [9] Ein Erklärung für dieses Phänomen mag darin liegen, dass hohe Windgeschwindigkeiten oftmals mit dem Durchzug einer Warm- oder Kaltfront verbunden sind. Diese haben typische Durchgangszeiten (‘Lebensdauern’) von 18-24 Stunden, können allerdings bei stabilen Verhältnissen auch bis zu 60~Stunden andauern (vgl. Tabelle: Skalen bzw. [Boljahn2009]). [10]

Relative (saisonbereinigte) und absolute Schwankungen der täglichen europäischen Windeinspeisung in GWh (Differenzen zwischen den Summen aus relativer Abweichung und Medianwert zu absoluter Abweichung sind rundungsbedingt). Mit zunehmender Ausgleichsmöglichkeit über 3 bzw. 7 Tage nehmen extreme Schwankungen in ihrer Intensität ab.
1-tägig Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
9.Dez. (a) 728 687 623 434 330 301 295 303 441 523 587 651
9.Dez. (r) 279 243 267 182 156 131 151 145 217 185 201 244
Medianwert 449 445 356 253 174 170 144 158 224 338 386 406
1.Dez. (a) 234 234 175 129 94 88 73 74 110 182 204 234
1.Dez. (r) 216 211 181 124 80 83 71 84 114 156 182 172
3-tägig                        
9.Dez. (a) 662 639 609 409 310 282 274 285 392 488 548 613
9.Dez. (r) 218 185 245 147 130 106 124 124 161 149 151 206
Medianwert 444 454 363 262 180 176 150 161 232 339 397 408
1.Dez. (a) 275 256 217 157 108 101 85 91 133 221 238 279
1.Dez. (r) 169 198 146 104 73 75 65 70 98 118 159 139
7-tägig                        
9.Dez. (a) 631 584 576 374 286 261 250 247 352 439 520 580
9.Dez. (r) 191 133 200 103 97 84 91 86 108 104 124 159
Medianwert 440 450 376 271 187 176 160 161 244 334 396 421
1.Dez. (a) 334 287 236 181 133 125 101 99 155 243 295 302
1.Dez. (r) 106 163 140 91 54 51 59 62 89 92 101 119

Da längerfristige Phasen mit hohen Windenergie-Einspeisungen eher eine geringe Herausforderung für die Elektrizitätsversorgung darstellen [11], wird im folgenden nur auf windarme Extremsituationen eingegangen. Wie aus Tabelle: Windminima (Perioden) zu entnehmen ist, treten derartige Ereignisse verstärkt in den Wintermonaten auf, also zu Zeiten des höchsten Ertragspotentials.

Anzahl der zwischen 1992 und 2001 im jeweiligen Monat aufgetretenen Perioden mit extrem geringem Windangebot. Als Charakteristikum wurde jeweils das untere Dezil verwendet.
Anzahl Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
1-tägig 89 48 79 28 4 0 0 0 5 26 37 50
3-tägig 92 50 85 28 3 0 0 1 6 18 36 41
7-tägig 99 50 92 36 8 0 0 0 4 6 25 43

In Tabelle: Windminima (Tage) ist zu sehen, dass große Schwankungen zwischen den einzelnen Jahren auftreten. Im windärmsten Jahr der Zeitreihe (1996) traten auch die meisten Flautenzeiten auf, während im windreichsten Jahr (1995) nicht einmal halb soviel Extremtage zu verzeichnen waren (vgl. Abbildung: Windstromertrag (jährlich)). Auffällig ist das Jahr 1997, welches trotz durchschnittlichem Windertrag eine hohe Zahl an Extremtagen aufzuweisen hat.

Pro Jahr auftretende Tage mit extrem wenig Wind.
Anzahl 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001
1-tägig 30 27 31 25 50 45 33 40 35 50
3-tägig 22 24 34 22 51 46 32 45 35 55
7-tägig 20 19 29 13 56 43 38 43 44 60

Statistische Analyse von Solardaten

Zur Analyse der Solar-Potentiale werden hauptsächlich Daten der europäischen Satel-light-Datenbank [Satellight2009] verwendet. Diese liegen für einen Zeitraum von fünf Jahren in halbstündlichen Messintervallen vor. Als räumliche Auflösung wurde analog zu den Sander-Daten ein 2,5°-Gitter gewählt. [12] Als Referrenzdaten stehen Messwerte des deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums (DLR) zur Verfügung.

fig-dlrplot

Abhängigkeit der Globalstrahlung von der geographischen Breite, gemittelt über alle Längenkreise. Datenquelle: [Lohmann2006]

Anders als bei den Winddaten hängt die solare Einstrahlung weniger von regionalen Faktoren als vielmehr vom Breitengrad ab. Abbildung: Globalstrahlung zeigt die fast sinusförmige Abnahme der jährlich eintreffenden Globalstrahlung hin zu höheren Breitengraden. Aufgrund des kontinuierlich hohen Bewölkungsgrades in der Innertropischen Konvergenzzone und in den Hadleyzellen bleibt die am Boden auftreffende Strahlung zum äquator hin allerdings ab 30° N/S konstant. Der unterschiedlich starke Bewölkungsgrad dürfte auch die im Sommerhalbjahr auftretende Senkung der solaren Einstrahlung auf Höhe von 70° erklären. Die allgemeinen jahreszeitlichen Schwankungen, welche zu den Polen hin zunehmen, liegen in der Schiefe der Ekliptik begründet (vgl. Anhang: Ekliptik).

fig-sun-contour

Jahrressumme der eingestrahlten Sonnenenergie in \unit[]{\frac{kWh}{m^2}}. [Satellight2009]

Lokale Abweichungen ergeben sich, abgesehen von verschieden häufigen Bewölkungen, auch aufgrund unterschiedlicher Höhenniveaus. über einem verhältnismäßig hoch gelegenen Ort ist die darüberliegende darüberliegende Luftschicht dünner und somit der Streuungsanteil (siehe Abschnitt: Verteilung der Solarstrahlung) geringer. In Abbildung: Solareinstrahlung (geographisch) ist die Verteilung der jährlich eingestrahlten Sonnenenergie für Europa wiedergegeben.

Analyse von mittelfristigen Schwankungen

Geht man analog zu Abschnitt: Flächenberücksichtigung (Windertrag) von einer homogenen Verteilung der bis Ende 2007 installierten ca. \unit[4,0]{GW} an Photovoltaik-Anlagen in Europa aus, so ergäbe sich eine Kapazitätsdichte in den zur Verfügung stehenden Flächenpunkten von \unit[0,50]{\frac{kW}{km^2} }. Bei einem künftigen Ausbau von Solaranlagen in Spanien, Italien und Griechenland kann diese Annahme zunehmend eintreffen, im Jahr 2007 hingegen waren mit \unit[3,8]{GWh} die meisten Photovoltaik-Anlagen in Deutschland installiert. Diese Gewichtung ist insofern zu berücksichtigen, als dass die hierzulande jährlich eintreffende Gesamtstrahlungsmenge etwa \unit[1100]{\frac{kWh}{m^2} } beträgt, im Verhältnis zum europaweiten Durchschnitt von knapp \unit[1300]{kWh} je Quadratmeter und Jahr.

fig-sunday

Täglicher Photovoltaik-Ertrag in Europa. Datenquelle: [Satellight2009]

Um die Solarerträge als Funktion der Kapazitätsdichte und der zu den jeweiligen Gitterpunkten gehörenden Flächen auszudrücken, werden die Strahlungswerte durch 1000 geteilt. [13] Wie in Abbildung: Solarertrag (täglich) zu sehen ist, resultiert daraus eine durchschnittlicher Tagesertrag von \unit[10,6]{GWh}, wobei im Sommer etwa fünf mal mehr Strom produziert wird als im Winter. Der signifikante Jahresverlauf ist durch die regelmäßige Umlaufbahn der Erde um die Sonne fest vorgegeben. Anders als beim Wind gleicht die Jahreskennlinie einer einhüllenden Funktion, kurz- und mittelfristige Abweichungen treten, bedingt durch wechselhafte Bewölkung, nur nach unten hin auf.

Durchschnittliche Tages-, Wochen- und Monatserträge an Solarenergie in TWh.
Wert Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Tag 0,003 0,006 0,009 0,013 0,017 0,019 0,018 0,016 0,011 0,007 0,004 0,003
Woche 0,024 0,040 0,067 0,093 0,120 0,131 0,127 0,112 0,079 0,049 0,028 0,020
Monat 0,522 0,825 1,451 1,998 2,656 2,809 2,486 2,487 1,698 1,087 0,598 0,439

Die jährlichen Erträge summieren sich europaweit auf \unit[3,87]{TWh}, bei einer geringen Schwankungsbreite von weniger als \unit[0,1]{TWh}. [14]

Extrema im Solarangebot

Analog zu Abschnitt ref{windextrema} lassen sich relative Schwankungen durch Subtraktion der Monatsmittelwerte vom jeweiligen Zeitschritt berechnen.

fig-sunextrema

Relative Schwankungen des Solarertrages. Drei- bzw. siebentägige Kurvenglättungen sind gestrichelt dargestellt.

Um einen besseren Vergleich zu bekommen, sind in Abbildung: Gesamtschwankungen (prozentual) sowohl Wind- als auch Solarschwankungen noch einmal prozentual für das Jahr 1997 wiedergegeben. Man erkennt, dass die Schwankungen in der photovoltaischen Elektrizitätsgewinnung über einen längeren Zeitraum anhalten können, dafür allerdings (prozentual gesehen) bei weitem nicht so stark von ihrem Durchschnittswert abweichen.

fig-gesamtschwankungen-prozentual

Prozentuale Schwankungen von Sonnen- und Windertrag für das Jahr 1997.

Zur Klassifikation von extremen Solarertrags-Schwankungen können wiederum die entsprechenden Dezile herangezogen werden (vgl. Tabelle ref{tab:sunextrem}). Wie in Abschnitt ref{windextrema} werden im folgenden nur die minimalen Ertragssituationen betrachtet. Wie zu erwarten, machen sich Ausfallraten zu Zeiten des größten Angebots, also in den Sommermonaten, am stärksten bemerkbar.

Saisonbereinigte Schwankungsgrößen der täglichen europäischen Solareinspeisung in GWh.
1-Tägig Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
9.Dezil 4,19 7,26 11,34 15,15 19,61 20,84 19,96 18,05 13,44 8,63 5,33 3,21
Medianwert 3,30 5,64 9,55 13,43 17,23 18,63 18,07 16,22 11,40 6,94 3,86 2,79
1.Dezil 2,62 4,38 7,40 11,04 14,43 16,81 16,43 13,71 9,14 5,60 2,89 2,44
3-Tägig                        
9.Dezil 4,21 7,30 11,20 15,03 19,42 20,56 19,93 18,04 13,41 8,55 5,31 3,16
Medianwert 3,31 5,66 9,52 13,31 17,08 18,64 17,98 16,09 11,40 6,99 3,90 2,77
1.Dezil 2,63 4,38 7,45 11,17 14,68 17,17 16,54 13,88 9,05 5,57 2,91 2,49
7-Tägig                        
9.Dezil 4,17 7,24 10,98 15,01 19,03 20,41 19,75 17,75 13,50 8,60 5,15 3,15
Medianwert 3,34 5,64 9,80 13,27 17,13 18,70 18,07 16,06 11,23 6,99 3,93 2,80
1.Dezil 2,62 4,76 7,63 11,46 15,11 17,34 16,72 13,96 9,09 5,66 3,00 2,54

Die jährliche Verteilung der solaren Extremtage weist hingegen, wie Tabelle: Solarminima (Perioden) zu entnehmen ist, eine unerwartet hohe Schwankungsbreite auf. Obgleich sich die Gesamtsumme der jährlich eingestrahlten Energien im betrachteten Zeitraum nur um maximal 4,2% unterscheiden, traten im Jahr 1999 fast doppelt so viele Extremphasen auf wie im Jahr 1996.

Zwischen 1996 und 2000 monatlich aufgetretene Perioden mit extrem geringem Solarangebot (unteres Dezil).
Anzahl Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
1 bzw. 3-Tägig 0 0 0 0 28 79 63 13 0 0 0 0
7-Tägig 0 0 0 0 38 82 60 3 0 0 0 0

Auffällig ist, dass das Jahr mit dem geringsten Wind- bzw. Solarangebot (1996) zugleich gemäß Tabelle ref{tab:temp} auch das kälteste Jahr der betrachteten Zeitreihe war. Im Jahr 1999 waren das höchste Solarangebot, allerdings nur die zweithöchste Temperatur sowie ein unterdurchschnittliches Windangebot zu verzeichnen (vgl. Tabelle ref{tab:windschwankyear} bzw. Abbildung~ref{fig:windyear}).

Pro Jahr auftretende Tage mit extrem wenig Sonne.
Anzahl 1996 1997 1998 1999 2000
1-Tägig 28 35 30 55 35
3-Tägig 29 35 29 59 31
7-Tägig 31 28 27 60 37

Tendenziell lässt sich feststellen, dass windreiche Winter durch den höheren Wärmetransport von den Ozeanen in das Festland eine höhere Durchschnittstemperatur aufweisen. [15] Eine statistisch signifikante Aussage, speziell den Einfluss der in den Sommermonaten schwächeren Winde auf Solarschwankungen betreffend, lässt sich hier aufgrund der fehlenden räumlichen Auflösung der Temperaturdaten allerdings nicht treffen.

Jahres-Durchschnittstemperaturen an der Klima-Messstation Karlsruhe. Datenquelle: [Muehr2009]
Jahr Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez \varnothing
1992 1,8 3,8 7,4 10,5 16,9 18,3 21,2 22,4 15,9 8,6 7,6 2,6 11,4
1993 5,0 0,9 6,6 12,9 16,5 18,7 19,0 19,5 14,4 9,3 2,3 5,6 10,9
1994 4,5 2,9 9,6 9,8 14,9 19,1 24,1 20,3 15,4 9,8 9,4 5,8 12,1
1995 2,3 7,3 5,7 11,2 14,9 16,7 22,9 20,4 14,1 13,4 4,8 1,1 11,2
1996 0,1 1,0 4,4 11,0 13,4 18,4 18,9 19,5 12,7 11,0 6,3 -0,3 9,7
1997 -2,1 6,1 8,8 9,5 15,3 17,7 19,2 22,2 16,3 9,7 5,8 3,9 11,0
1998 3,7 5,2 7,8 10,7 16,7 19,0 19,2 20,3 15,4 11,0 3,5 3,2 11,3
1999 4,5 2,1 7,7 11,4 16,6 18,0 21,7 19,9 18,8 10,5 4,6 3,6 11,6
2000 3,0 6,1 7,8 12,2 16,8 20,2 17,8 20,8 16,2 12,1 7,7 5,2 12,2
2001 3,4 5,2 8,0 9,0 17,2 16,9 21,2 21,2 13,3 14,3 4,4 1,4 11,3
1980-2009 2,0 3,1 7,0 10,5 15,2 18,3 20,4 20,0 15,7 11,0 5,7 3,1 11,0

Das Verhältnis Wind zu Sonne

Die Zeitreihenanalyse der letzten beiden Abschnitte hat ergeben, dass durchaus jahreszeitliche Trends im Wind- bzw. Solarangebot vorliegen, welche bei einer zunehmenden ‘Glättung’ kurzzeitiger Schwankungen durch Unterstellung von ausreichenden Speichertechnologien klarer hervortreten.

Im folgenden ist insbesondere die Frage von Interesse, inwieweit sich die jeweiligen Schwankungen im Wind- und Solarangebot gegenseitig ausgleichen. In Abbildung: Wind- und Solarerträge sind beide Zeitreihen sowohl für heutige Kapazitätsrelationen (durchgezogene Linie), als auch für eine angenommene 10- bzw. 30-fach höhere Solarkapazität eingezeichnet (gestrichelte Linien).

fig-gesamtertrag

Gegenüberstellung von möglichen Wind- und Solarerträgen für die heutige eine 10- bzw. 35-fach höhere Photovoltaik-Kapazität.

Diese Skalierungen erscheinen auf den ersten Blick utopisch, bedeuten allerdings nur, dass gegenüber der installierten Windkraft-Kapazität von \unit[57,1]{GW} zukünftig \unit[40 \text{ bzw. } 120]{GW} Photovoltaik-Nennleistung installiert wären (Stand 2007: \unit[4,0]{GW}). Bereits bei den derzeitigen Wachstumsraten von jährlich mehr als 25% werden diese Kapazitäten bereits in 10 bzw. 15 Jahren erreicht sein. [16]

Gleichzeitig wuchs nach Zahlen von [GlobalWind2008] die europäisch installierte Windkapazität ähnlich der globalen jährlich um 30%. Bei Photovoltaik-Wachstumsprognosen von jährlich 40% vgl. [Mints2009] würde es bei gleichbleibendem Windkraft-Wachstum folglich weniger als 46 Jahre dauern, bis das oben genannte Verhältnis von Photovoltaik zu Wind erreicht wäre.

Man erkennt, dass die Photovoltaik zur Zeit keinen nennenswerten Beitrag zum Schwankungsausgleich liefert, wohl aber in Zukunft liefern kann.

Bereits bei einer 28,3-fachen (\unit[113,2]{GW}) installierten Photovoltaik-Kapazität hätten beide Verlaufskurven den gleichen mittleren Jahresertrag (\unit[300]{TWh}). Mit einer zusätzlichen Photovoltaik-Leistung fallen die starken Windschwankungen immer weniger ins Gewicht, dafür nimmt der für die Solarenergie übliche Jahresgang zu.

gesamtertrag-schwankung

Schwankungen des Gesamtertrages bei angenommener 30-facher Photovoltaik-Kapazität.

Vergleicht man Abbildung: Gesamtertrag-Schwankung mit den heute dominierenden Einspeisungen aus Windenergie (Abbildung: Windstromertrag (täglich)), so zeigt sich, dass sich trotz einer über doppelt so hohen Gesamtstromerzeugung aus Wind und Sonne (\unit[619]{GWh} anstelle \unit[298]{GWh} im Jahr 2007) sogar die absoluten Schwankungsbreiten reduzieren können: Der Interquartils-Abstand sinkt von \unit[250]{GWh} auf \unit[196]{GWh}, bei einer gleichbleibenden Standardabweichung von \approx \unit[155]{GWh}. [17]

fig-monatsvar

Monatsdurchschnittswerte für gleichbleibende Wind- und variable Photovoltaik-Kapazitäten. Das arithmetische Mittel aus beiden (der halbe Gesamtwert) gibt Aufschluss über den jahreszeitlichen Verlauf der Gesamteinspeisung.

Anhand der Monatsmittelwerte über den betrachteten fünf Jahre lässt sich der ausgleichende Charakter der wachsenden Photovoltaik-Kapazität in Relation zu dem heutigen Windangebot noch einmal verdeutlichen. Wie in Abbildung: Gesamtertrag (Monatsdurchschnitt) zu sehen, treten bei 20-facher Solarkapazität (\unit[80]{GW}) im Vergleich zu heute kaum jahreszeitliche Schwankungen im Gesamtangebot auf.

Eine weiterer Ausbau der Photovoltaik hingegen erhöht die Versorgungssicherheit durch Reduzierung kurzfristiger Schwankungen.

Klassifikation von Extremsituationen

Analog zu Abschnitt: Windextrema bzw. Abschnitt: Solarextrema lassen sich auch die Gesamterträge auf extreme Engpässe hin untersuchen. Aufgrund der großen Variationsbreite des Windes gerade auf der kurzfristigen Zeitskala ist es nicht verwunderlich, dass auch die Schwankungen des Gesamtertrages mit zunehmender Ausgleichsmöglichkeit rasch abfallen.

fig-gesamtertragschwankung-relativ

Relative (saisonbereinigte) Schwankungen des Gesamtertrages bei angenommener 30-facher Photovoltaik-Kapazität.

In weniger als 10% der Tage fallen die täglichen Einspeisungen um mehr als 27% (\unit[170]{GWh}) gegenüber dem Durchschnittswert geringer aus. Bei drei- bzw. siebentägigem Ausgleich sinkt das untere Dezil der täglichen Abweichungen bezogen auf ganz Europa sogar auf 22,8% (\unit[143]{GWh}) bzw. 17,6% (\unit[111]{GWh}).

Schwankungsgrößen der täglichen europäischen Gesamtstromeinspeisung bei einer angenommenen 30-fach höheren Photovoltaik-Kapazität in GWh.
1-tägig Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
  1. Dezil (abs.)
727 901 821 794 843 873 824 723 762 778 715 719
Medianwert 522 649 607 638 702 733 699 635 582 569 486 483
  1. Dezil (abs.)
313 421 457 520 595 638 610 558 455 406 333 293
3-tägig                        
  1. Dezil (abs.)
674 878 816 771 816 847 800 715 732 737 713 675
Medianwert 510 648 607 643 709 737 703 640 584 569 493 484
  1. Dezil (abs.)
351 432 485 541 613 665 629 571 468 438 347 324
7-tägig                        
  1. Dezil (abs.)
622 794 819 733 794 826 788 705 693 675 680 629
Medianwert 513 650 619 647 705 753 702 631 590 565 487 481
  1. Dezil (abs.)
387 464 520 568 638 673 647 593 502 483 398 358

Einen schnellen, detaillierteren überblick über die Verfügbarkeit ohne Berücksichtigung saisonaler Schwankungen liefert die in Abbildung: Dauerlinie dargestellte geordnete Dauerlinie. Hierbei werden die täglichen Erträge eines Jahres absteigend sortiert gegen die Zeit aufgetragen.

fig-dauerlinie

Geregelte Jahres-Dauerlinie der täglichen Gesamtstromerzeugung aus Wind- und Solarkraft. Die vertikal verlaufenden, gepunkteten Linien entsprechen den jeweiligen Häufigkeits-Dezilen.

Über den jahreszeitlichen Einfluss beim Auftreten von Tagen mit extrem geringem Gesamtangebot an Wind und Sonne gibt Tabelle: Gesamtertrag-Minima (Perioden) Aufschluss. Das geringfügig überwiegende Solarangebot bewirkt bereits eine Verschiebung der auftretenden Extremereignisse hinein in die Sommermonate. Lediglich im Februar sowie im beginnenden Frühjahr würden während der kältesten Jahresperiode (November bis März) häufiger Perioden mit geringer Gesamteinspeisung auftreten.

Zwischen 1996 und 2000 im jeweiligen Monat aufgetretene Perioden mit extrem geringem Gesamtangebot bei 30-fach höherer Solarkapazität.
Anzahl Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
1-Tägig 5 31 19 13 24 36 20 3 10 12 5 5
3-Tägig 2 31 21 11 25 47 21 1 7 9 4 4
7-Tägig 0 22 21 8 31 55 30 0 7 6 3 0

Aus Sicht eines Verbrauchers sind die sommerlichen Abweichungen von den ohnehin höheren Monats-Durchschnittswerten natürlich ein ‘angenehmeres’ Problem als winterliche Engpässe. Zum Schwankungsausgleich im Februar und März müssten allerdings nach wie vor andere Energieträger eingesetzt oder die Stromnetzverbünde über Europa hinaus vergrößert werden.

Pro Jahr auftretende Tage mit extrem wenig Gesamtenergieangebot.
Anzahl 1996 1997 1998 1999 2000
1-Tägig 27 49 35 26 46
3-Tägig 25 57 29 26 46
7-Tägig 31 51 35 26 40

In der gesamtjährlichen Betrachtung (Tabelle: Gesamtertrag-Minima (Tage)) werden die hohen Solarschwankungen der Sonne im Jahr 1999 sehr gut durch entsprechende Windeträge ausgeglichen. [18] Im Jahr 2000 als dem wärmsten Jahr der Periode treten bei einem durchschnittlichem Wind- und Solarangebot dagegen verstärkt Extremperioden auf. Am stärksten fällt die winterliche Anomalie des Jahres 1997 ins Gewicht (siehe Abbildung ref{fig:prozentextrema}) - sie ist der Grund, warum in Kapitel ref{stromnetz} das Jahr 1997 als das ‘extremste’ hinsichtlich regenerativer Energiepotentiale in Deutschland untersucht werden wird.

Räumliche Korrelationen im Wind- und Solarangebot

Abschließend soll noch kurz auf die geographischen Einflüsse auf das Dargebot von Wind und Solarstrahlung eingegangen werden. Hierzu werden die räumlich in einem 2,5°-Gitter aufgelösten Werte der einzelnen Orte über den sogenannten (Pearson-) Korrelationskoeffizienten zueinander in Relation gesetzt:

(4)\varrho(X,Y) = \frac{ \mathrm{E} \left( (X- \mathrm{E}(X))(Y -
 \mathrm{E}(Y))\right) }{ \sqrt{ \mathrm{Var} (X)} \cdot \sqrt{
 \mathrm{Var}(Y) } }

Hierbei steht \mathrm{E}(X)= \sum_{i} x_{\rm{i}} \cdot p_{\rm{i}} für den Erwartungswert einer (Zufalls-)Variablen X mit Werten x_{\rm{1}}, x_{\rm{2}}, \ldots und Wahrscheinlichkeiten p_{\rm{1}},p_{\rm{2}}, \ldots . Als Quadrat der Standardabweichung \sigma (X) ist die Varianz \mathrm{Var}(X)= \sigma (X) ^{2} =
\mathrm{E} (X - \mathrm{E} (X) ) eine einheitslose Kennzahl.

Als mögliche Variablen können so beispielsweise zwei Zeitreihen X,Y von Windgeschwindigkeiten an unterschiedlichen Orten werden. Das Ergebnis ist ein Wert \varrho (X,Y) \in [-1;1]. Bei vollstängiger positiver bzw. negativer Korrelation, also strikt linearem Zusammenhang, nimmt der Korrelationskoeffizient den Wert \pm 1 an, besteht überhaupt kein (linearer) Zusammenhang, so wird der Korrelationskoeffizient null [Bronstein2001].

Wird beispielsweise durch der Europa Längsachse entlang des Längenkreises bei 7,5° Ost und eine Querachse auf Höhe des Breitenkreises bei 52,5° Nord gelegt, so lässt sich eine Matrix aus Korrelationskoeffizienten von Windgeschwindigkeiten bilden, welche zur gleichen Zeit entlang einer dieser Achsen auftreten.

Wie in Abbildung: Windkorrelations-Matrix zu sehen, korrelieren Windgeschwindigkeiten in Ost-West-Richtung wesentlich stärker und über größere Strecken hinweg miteinander als in Nord-Süd-Richtung. Hier ist also eindeutig der vorherrschende Charakter der geostrophischen Winde zu erkennen.

fig-windcormatrix

Korrelationen zwischen Windgeschwindigkeiten in Abhängigkeit von Längengrad (links) bzw. Breitengrad (rechts).

Analog können auf diese Weise natürlich auch solare Einstrahlungen auf Korrelationen hin untersucht werden. Hier zeigt sich allerdings keine nennenswerte Richtungsabhängigkeit (Abbildung: Solarkorrelations-Matrix). Dies ist nicht verwunderlich, denn der Korrelationskoeffizient ist unabhängig vom Betrag und dem zeitlichen Verlauf einer Größe, nur die relativen Änderungen zueinander sind von Bedeutung.

fig-suncormatrix

Korrelationen zwischen solareren Einstrahlungen in Abhängigkeit von Längengrad (links) bzw. Breitengrad (rechts).

Zu guter Letzt werden noch die Korrelationen zwischen Wind und Sonne geographisch aufgelöst dargestellt. Dies ist möglich, da der Korrelationskoeffizient als dimensionslose Größe auch auf unterschiedliche Variablen angewandt werden kann. Wie in Abbildung ref{fig:wholecor} zu sehen, sind die Korrelationen an allen Orten negativ, und zwar umso stärker, je höher das Windangebot am jeweiligen Ort ist (vgl. Abbildung ref{fig:windcontour}).

fig-gesamtcormatrix

Korrelationen zwischen Wind- und Solarangebot über den Zeitraum von 1996-2000 in geographischer Auflösung für eine zeitliche Auflösung von einem, drei bzw. sieben Tagen.

Anmerkungen:

[1]Der Medianwert teilt eine Messreihe oder Verteilung in zwei Hälften.
[2]Ein 365-Tage-Jahr hat 8760 Stunden.
[3]Hierbei wurden die Windgeschwindigkeiten mittels der Gleichung für logarithmischen Windprofils (?) für eine durchschnittliche Rauhigkeitslänge von 0,9 umgerechnet.
[4]In der Erdvermessung (Geodäsie) wird die Form der Erde durch einen auf global angepassten Referenz-Ellipsoid angenähert. Der aktuelle Standard, welcher auch in der Vincenty-Formel verwendet wird, wird als ‘WGS 84’ (World Geodetic System) bezeichnet. [Wikipedia2009-1], [Wikipedia2009-2]
[5]Nach [Eurostat2008] betrug im Jahr 2005 der europäische Wind-Jahresertrag \unit[70,48]{TWh} bei einer installierten Kapazitätsmenge von \unit[38,9]{GW}. Da über diesen Zeitraum keine Winddaten vorliegen, wird von durchschnittlich ertragreichen Jahren ausgegangen.
[6]Diese Annahme hätte eine Kapazitätsdichte der windreichen Flächen von \unit[34]{\frac{kW}{km^2}} zur Folge.
[7]Kurzfristige Turbulenzen stellen zwar eine herausforderung für die Lastregelung dar, spielen aber für den Gesamtertrag nur eine untergeordnete Rolle.
[8]

Gleichung (3) gilt für ungeradzahlige Ordnungen. Für ein geradzahliges n gilt :

\bar{x}_{t} = \frac{1}{n} \cdot (\frac{1}{2} \cdot x_{t - \frac{n}{2}} +
x_{t - \frac{n}{2} +1 }+ \ldots + x_{t-1} + x_{t} + x_{t+1} + \ldots +
x_{t+\frac{n}{2} - 1} + x_{t + \frac{n}{2}} + x_{t + \frac{n-1}{2}})

[9]Im Jahresdurchschnitt kommt es in 10% der Tage zu einem Leistungsüberschuss von mehr als 180 GWh bezogen auf den Medianwert, während 10% der Tage ein relatives Minus von 163 GWh aufweisen. Bei einer wöchentlichen Mittelung liegt hingegen die obere Extrem-Schranke bereits bei einem täglichen Plus von \unit[111]{GWh}, während relative Ertragseinbussen ab \unit[114]{GWh} in den Extrembereich fallen. Bei einem 7-tägigen Schwankungsausgleich nehmen windstarke Extremphasen somit in ihrer Intensität um 38%, windschwache um 30% ab (vgl. Tabelle: Windextrema).
[10]Bei einer 3-tägigen Mittelung sind Extremereignisse mit wenig (\unit[-141]{GWh}) und viel (\unit[+148]{GWh}) Wind ziemlich ausgewogen.
[11]Kurzfristige Fluktuationen hingegeben können zu Problemen im Verbundsystem führen. Speziell bei einem weiterem Ausbau wird auch bei der Windenergie wird auch eine Anpassung des Stromnetzes nötig sein (vgl [Dena2005]).
[12]Die “Satel-light”-Messwerte sind als Satellitendaten für beliebige Orte von fast ganz Europa erhältlich.
[13]Nach Industrienorm erreichen PV-Module bei einer Bestrahlung mit \unit[1000]{\frac{W}{m^2} } ihre Nennleistung.
[14]Bei homogener Verteilung der gleichen Kapazität würden täglich \unit[13,6]{GWh} bzw. jährlich \unit[4,96]{TWh} produziert werden.
[15]Speziell im Jahr 1997 ist dieser Effekt stark ausgeprägt. Während im Januar bei schwachen Winden die tiefsten Temperaturen der Dekade vorherrschen, bescheren starke Februarwinde einen warmen Februar (vgl. Abbildung ref{fig:prozentextrema}.
[16]Nach [Mints2009] wuchs die Photovoltaik-Industrie binnen der letzten 20 Jahre um durchschnittlich 27%. Dabei betrug das durchschnittliche Wachstum der letzten 10 bzw. 5 Jahre 39% bzw. 44%.
[17]Um reale Schwankungen abzuschätzen, muss natürlich auch das Wachstum der Windkapazitäten berücksichtigt werden (vgl. Abschnitt ref{modell2020}).
[18]Vgl. Tabelle: Solarminima (Tage).

Literaturhinweise:

[Dena2005]Deutsche Energie-Agentur: Energiewirtschaftliche Planung für die Netzintegration von Windenergie in Deutschland an Land und Offshore bis zum Jahr 2020. Deutsche Energie-Agentur, 2005, http://www.dena.de/fileadmin/user_upload/Download/Dokumente/Projekte/kraftwerke_netze/netzstudie1/dena-netzstudie_1_haupttext.pdf
[Eurostat2008]European Commission: Statistical Pocketbook: EU energy and transport. European Communities, 2008, http://ec.europa.eu/energy/publications/statistics/statistics_en.htm
[GlobalWind2008]Global Wind Energy Council: Latest news on world wind power market. 2008, http://www.gwec.net/uploads/media/chartes08_EN_UPD_01.pdf
[Lohmann2006]S. Lohmann, C. Schillings, B. Mayer und R. Meyer: Long-term variability of solar direct an global irradiance derived from ISCCP data and comparison with re-analysis data. Solar Energy Journal 80, 2006. http://www.pa.op.dlr.de/ISIS/isis.html
[Mints2009](1, 2) Paula Mints: Solar-Report: Photovoltaik-Industrie waechst stark, trotz aller Hindernisse. Solarserver, 2009, http://www.solarserver.de/solarmagazin/download/pv_industrie_mints_solar_report_1008.pdf
[Muehr2009]Bernhard Mühr: Die Temperaturverh”altnisse in Karlsruhe 1799 bis 2008. Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK), Universität Karlsruhe, 2009. http://www.klimadiagramme.de/Europa/special01.htm
[Sander2002](1, 2, 3, 4, 5) Sander und Partner: World Wind Atlas. 2002, http://www.sander-partner.ch/de/atlas.html
[Satellight2009](1, 2, 3) Satel-Light: The European Database of Daylight and Solar Radiation. 2009, http://www.satel-light.com
[Sauer2006]Uwe Sauer: Optionen zur Speicherung elektrischer Energie in Energieversorgungssystemen mit regenerativer Stromerzeugung. Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe (ISEA), RWTH Aachen, 2006. http://www.eurosolar.de/de/images/stories/pdf/Sauer_Optionen_Speicher_regenerativ_okt06.pdf
[Wikipedia2009-1]Wikipedia: Great-Circle distance. Wikimedia, 2009, http://en.wikipedia.org/wiki/Great_circle_distance
[Wikipedia2009-2]Wikipedia: World Geodetic System 1984. Wikimedia, 2009, http://en.wikipedia.org/wiki/WGS84