Trigonometrie

In der Trigonometrie werden Winkelgrößen in Dreiecken untersucht. Diese spielen in vielen Bereichen der Mathematik und Physik eine wichtige Rolle.

Längenverhältnisse im rechtwinkligen Dreieck

In einem rechtwinkligen Dreieck wird die an dem betrachteten Winkel \alpha anliegende Kathete als Ankathete, die dem Winkel \alpha gegenüber liegende Seite als Gegenkathete bezeichnet. Die dem rechten Winkel gegenüber liegende Seite wird Hypotenuse genannt.

fig-rechtwinkliges-dreieck

Gegenkathete, Ankathete und Hypotenuse in einem rechtwinkligen Dreieck.

Die Längenverhältnisse der Dreieckseiten lassen sich in Abhängigkeit vom Winkel \alpha ausdrücken. Hierzu führt man \sin{\alpha},\; \cos{\alpha} und \tan{\alpha } als Kurzschreibweisen für Sinus, Cosinus und Tangens ein. Diese bezeichnen folgende Seitenverhältnisse:

(1)\sin{\alpha } &= \frac{\text{Gegenkathete von } \alpha }{\text{Hypotenuse}
}

(2)\cos{\alpha } &= \frac{\text{\phantom{geg}Ankathete von } \alpha
}{\text{Hypotenuse} }

(3){\color{white}\ldots \qquad \,\, }\tan{\alpha } &= \frac{\text{Gegenkathete
von } \alpha }{\text{\phantom{geg}Ankathete von } \alpha } =
\frac{\sin{\alpha }}{\cos{\alpha }}

Bisweilen definiert man zusätzlich zum Tangens auch einen so genannten „Cotangens“, der als Kehrwert des Tangens definiert ist:

(4){\color{white}\ldots \qquad \,\, }\cot{\alpha} =
\frac{\text{\phantom{geg}Ankathete von } \alpha }{\text{Gegenkathete von }
\alpha } = \frac{ \cos{\alpha} }{ \sin{\alpha} }

Die Sinus- und Cosinuswerte sind als Längenverhältnis einer Kathete zur Hypotenuse, da die Hypotenuse die längste Seite im rechtwinkligen Dreieck ist, stets kleiner als eins. Die Werte des Tangens können für 0 \degree \le
\alpha < 90 \degree alle Werte zwischen 0 und +\infty annehmen; für \alpha = 90 \degree ist der Tangens nicht definiert, da in diesem Fall durch \cos{(90 \degree)} = 0 dividiert würde.

Werte von Sinus, Cosinus und Tangens für besondere Winkel.
{\color{white}1}\alpha {\color{white}\frac{1}{2}111}0°{\color{white}111} {\color{white}\frac{1}{2}11}30°{\color{white}111} {\color{white}\frac{1}{2}11}45°{\color{white}111} {\color{white}\frac{1}{2}11}60°{\color{white}111} {\color{white}\frac{1}{2}11}90°{\color{white}111}
\sin{\alpha } {\color{white}1111}0{\color{white}1111} {\color{white}111.}\frac{1}{2}{\color{white}1111} {\color{white}11}\frac{1}{2} \cdot \sqrt{2} {\color{white}11}\frac{1}{2} \cdot \sqrt{3} {\color{white}111.}1{\color{white}1111}
\cos{\alpha } {\color{white}1111}1{\color{white}1111} {\color{white}11}\frac{1}{2} \cdot \sqrt{3} {\color{white}11}\frac{1}{2} \cdot \sqrt{2} {\color{white}111.}\frac{1}{2} {\color{white}111.}0{\color{white}1111}
\tan{\alpha } {\color{white}1111}0{\color{white}1111} {\color{white}11}\frac{1}{3} \cdot \sqrt{3} {\color{white}111}1{\color{white}1111} {\color{white}111}\sqrt{3} {\color{white}111}\text{n.d.}

Eine weitere Eigenschaft von Sinus und Cosinus ergibt sich daraus, dass der Sinus des Winkels \alpha mit dem Cosinus des Winkels \beta identisch ist. Wegen \alpha + \beta = 90 \degree oder \alpha =
90 \degree - \beta folgt somit:

\sin{(\beta)} &= \sin{(90 \degree - \alpha)}\, = \cos{(\alpha)} \\
\cos{(\beta)} &= \cos{(90 \degree - \alpha)}\;\! = \sin{(\alpha)} \\
\cot{(\beta)} &= \tan{(90 \degree - \alpha)} = \tan{(\alpha)}

Der Sinus-Satz

Jedes spitzwinklige Dreieck lässt sich durch Einzeichnen einer Höhenlinie in zwei rechtwinklige Dreiecke zerlegen. Bezeichnet man den Schnittpunkt der Höhe h_{\mathrm{c}} mit der Strecke c als \mathrm{D}, so gilt für das Teildreieck \mathrm{ADC}:

fig-sinussatz

Unterteilung eines Dreiecks zum Nachweis des Sinus-Satzes.

\sin{(\alpha)} = \frac{h_{\mathrm{c}}}{b} \quad \Leftrightarrow \quad h_{\mathrm{c}} = b \cdot
\sin{(\alpha)}

Für das Teildreieck \mathrm{DBC} gilt entsprechend:

\sin{(\beta)} = \frac{h_{\mathrm{c}}}{a} \quad \Leftrightarrow \quad h_{\mathrm{c}} = a \cdot
\sin{(\beta)}

Setzt man die beiden obigen Gleichungen für h_{\mathrm{c}} gleich, so erhält man folgende Beziehung:

b \cdot \sin{(\alpha)} = a \cdot \sin{(\beta)}

Zeichnet man alle drei Höhenlinien ein, so erhält man jeweils eine entsprechende Größengleichung. Formt man diese in Verhältnisgleichungen um, so ergibt sich der folgende „Sinussatz“:

\frac{a}{b} = \frac{\sin{(\alpha)}}{\sin{(\beta)}} \quad ; \quad
\frac{b}{c} = \frac{\sin{(\beta)}}{\sin{(\gamma)}} \quad ; \quad
\frac{c}{a} = \frac{\sin{(\gamma)}}{\sin{(\alpha)}}

Der Sinussatz wird üblicherweise weiter in eine einzige Gleichung zusammengefasst:

(5)\frac{a}{\sin{(\alpha)}} = \frac{b}{\sin{(\beta)}} = \frac{c}{\sin{(\gamma)}}

Die Seitenlängen eines Dreiecks stehen also im gleichen Verhältnis zueinander wie die Sinuswerte der jeweils gegenüber liegenden Winkel.

Der Sinus-Satz gilt auch in stumpfwinkligen Dreiecken. Man kann ihn nutzen, um beispielsweise fehlende Stücke eines Dreiecks zu berechnen, wenn zwei Seitenlängen und ein gegenüber liegender Winkel oder eine Seitenlänge und zwei Winkel gegeben sind.

Der Cosinus-Satz

In jedem Dreieck ist das Quadrat einer Seitenlänge gleich der Summe der Quadrate der beiden anderen Seitenlängen, abzüglich dem doppelten Produkt aus diesen beiden Seitenlängen und dem Cosinuswert des eingeschlossenen Winkels. Beispielsweise gilt für beliebige Winkelwerte:

(6)c^2 = a^2 + b^2 - 2 \cdot a \cdot b \cdot \cos{(\gamma)}

Ist \gamma = 90 \degree, so ist \cos{(\gamma)} = \cos{(90
\degree)} = 0, und damit c^2 = a^2 + b^2. Der Satz von Pythagoras ist somit ein Sonderfall des Cosinus-Satzes für rechtwinklige Dreiecke.

Für die beiden anderen Seiten a und b gilt entsprechend:

a^2 = b^2 + c^2 - 2 \cdot b \cdot c \cdot \cos{(\alpha)} \\
b^2 = c^2 + a^2 - 2 \cdot c \cdot a \cdot \cos{(\beta)}

Man kann den Cosinus-Satz zur Konstruktion von Dreiecken nutzen, wenn entweder alle drei Seitenlängen oder zwei Seitenlängen und der von ihnen eingeschlossene Winkel gegeben sind.

Beispiel:

  • Welche Werte haben die Winkel eines Dreiecks, dessen Seiten a=\unit[5]{cm}, b=\unit[6]{cm} und c=\unit[7]{cm} lang sind?

    Nach dem Cosinus-Satz gilt:

    a^2 &= b^2 + c^2 - 2 \cdot b \cdot c \cdot \cos{(\alpha)} \quad
\Leftrightarrow \quad \alpha = \text{acos}\left( \frac{b^2 + c^2 - a^2}{2
\cdot b \cdot c}\right) \\[4pt]
b^2 &= c^2 + a^2 - 2 \cdot c \cdot a \cdot \cos{(\beta)} \quad
\Leftrightarrow \quad \beta = \text{acos}\left( \frac{c^2 + a^2 - b^2}{2
\cdot c \cdot a}\right) \\[4pt]
c^2 &= a^2 + b^2 - 2 \cdot a \cdot b \cdot \cos{(\gamma)} \quad
\Leftrightarrow \quad \gamma = \text{acos}\left( \frac{a^2 + b^2 - c^2}{2
\cdot a \cdot b}\right) \\[4pt]

    Setzt man die gegebenen Werte ein, so erhält man:

    \alpha &= \text{acos}\left( \frac{6^2 + 7^2 - 5^2}{2 \cdot 6 \cdot
7}\right) \approx 44,415 \degree \\
\beta &= \text{acos}\left( \frac{7^2 + 5^2 - 6^2}{2 \cdot 7 \cdot
5}\right) \approx 57,122 \degree \\
\gamma &= \text{acos}\left( \frac{5^2 + 6^2 - 7^2}{2 \cdot 5 \cdot
6}\right) \approx 78,463 \degree \\

    Für die Summe der Innenwinkel gilt erwartungsgemäß \alpha + \beta +
\gamma = 180 \degree.