Beschreibende Statistik

In der beschreibenden Statistik geht es um die Erfassung, Auswertung und Darstellung von experimentell oder empirisch gewonnenen Daten. Dabei werden eÂndliche Mengen an Objekten hinsichtlich bestimmter Eigenschaften untersucht. Dabei werden allgemein folgende Schritt durchlaufen:

  • Zunächst müssen in der beschreibenden Statistik alle für die Analyse relevanten Daten vollständig erhoben werden.
  • Das bei der Daten-Erhebung gewonnene, oftmals sehr umfangreiche Datenmaterial muss als nächstes in eine übersichtliche Form gebracht werden, üblicherweise in eine Tabelle oder eine Graphik.
  • Anschließend kann mit der Analyse der Daten begonnen werden. Hierbei lassen sich die Daten beispielsweise mittels wichtiger Kennzahlen wie Mittelwert und Streuungsmaß charakterisieren, ebenso können beispielsweise zeitliche Trends oder Abhängigkeiten zwischen mehreren Größen untersucht werden.
  • Zuletzt können die Ergebnisse der Analyse interpretiert werden.

Merkmale, Merkmalsträger und Grundgesamtheit

Als (Untersuchungs-)Merkmal wird die interessierende statistische Information bezeichnet. Ein einzelnes Objekt, das dieses Merkmal besitzt, nennt man Merkmalsträger. Die möglichen Werte, die ein Merkmal annehmen kann, heißen Merkmalswerte oder Ausprägungen dieses Merkmals.[1]

Die Menge an Objekten G, die hinsichtlich einem oder mehrerer zu untersuchender Merkmale gleichwertig sind, wird als „Grundgesamtheit“ oder „Population“ bezeichnet. Bei der Festlegung der Grundgesamtheit werden müssen klare Abgrenzungen getroffen werden, beispielsweise müssen räumliche oder zeitliche Einschränkung vorliegen; die Mitglieder der Grundgesamtheit müssen somit nicht nur Träger des Untersuchungsmerkmals sein, sondern auch übereinstimmende Abgrenzungsmerkmale besitzen.

Beispiel:

  • Bei einem naturwissenschaftlichen Experiment sind die einzelnen Messungen die Merkmalsträger, die ihrerseits Messdaten als Merkmale enthalten.
  • Bei einer Inventur werden zu einem bestimmten Zeitpunkt alle Objekte eines räumlich abgegrenzten Bereichs beispielsweise hinsichtlich ihrer Funktionsfähigkeit als Merkmal untersucht.

Die Mächtigkeit n = |G| der Grundgesamtheit ist gleich der Anzahl ihrer Objekte. In Tabellen werden die einzelnen zu untersuchenden Merkmale häufig einem Buchstaben \mathrm{A},\, \mathrm{B}\, \ldots zugeordnet, die einzelnen zu einem jeweiligen Merkmalsträger gehörenden Merkmalswerte werden zeilenweise durchnummeriert und in der jeweiligen Spalte eingetragen.

Meist ist bei einer Daten-Erhebung nicht möglich, alle Mitglieder der Grundgesamtheit zu untersuchen („Vollerhebung“). In diesem Fall muss sich die Statistik mit einer kleineren, möglichst repräsentativen Stichprobe auskommen und von dieser auf die Gesamtheit schließen.

Qualitative und quantitative Merkmale

Merkmale können allgemein in zwei Gruppen unterteilt werden:

  • Qualitative Merkmale lassen sich nur verbal beschreiben, es können nur Namen oder Klassenbezeichnungen als Werte vorkommen.
Handelt es sich bei den Merkmalswerten um Namen, so spricht man auch von artmäßigen Merkmalen. Beispiele für derartige Merkmale sind Familiennamen, Geschlecht, Farbbezeichnungen, usw.
Handelt es sich bei den Merkmalswerten um Klassenbezeichnungen, so spricht man auch von intensitätsmäßig abgestuften Merkmalen. Ein Beispiele hierfür sind Schulnoten („sehr gut“, „gut“, usw.).
Qualitative Merkmale lassen sich zudem in „häufbare“ und „nicht häufbare“ Merkmale unterscheiden. Ein qualitatives Merkmal ist häufbar, wenn ein Merkmalsträger mehrere Merkmalswerte gleichzeitig aufweisen kann; beispielsweise kann eine Person gegebenenfalls mehrere Berufsausbildungen absolviert haben. Ein qualitatives Merkmal ist nicht häufbar, wenn ein Merkmalsträger nur genau einen Merkmalswert aufweisen kann; beispielsweise hat jede Person genau eine Augenfarbe.
  • Quantitative Merkmale können als Vielfaches einer Einheit ausgedrückt werden, beispielsweise Zeitdauer, Energiebedarf, usw.

    Können bei einem quantitativen Merkmal nur ganzzahlige Werte auftreten, so spricht man von einem diskreten Merkmal. Ein Beispiel hierfür sind Stückzahlen.

    Können bei einem quantitativen Merkmal beliebige Werte auftreten, so spricht man von einem stetigen oder kontinuierlichen Merkmal. Beispiele hierfür sind Zeitdauern, Längenangaben, usw.

Um eine Vielzahl unterschiedlicher quantitativer Messwerte abzubilden, können diese in einzelne Intervalle zusammengefasst werden. Anstelle (sehr) viele Einzelergebnisse aufzulisten, genügt es damit, die Anzahl an Werten in den einzelnen Intervallen anzugeben. Üblicherweise werden zwischen 5 und 20 einzelne Intervallen mit jeweils gleich großen Intervallen und eindeutig zuzuordnenden Intervallgrenzen gewählt. Durch diese Methode gehen zwar einerseits die statistischen Informationen der Einzelmessungen teilweise verloren, andererseits werden dafür die Ergebnisse „komprimiert“ und somit übersichtlicher.

Statistische Mess-Skalen

Mittels einer Mess-Skala können die möglichen Merkmalswerte nach bestimmten Ordnungsprinzipien darstellt werden. Für qualitative Merkmale werden Nominal- oder Ordinalskalen verwendet, für quantitative Merkmale kommen oftmals Intervall- oder Verhältnisskalen zum Einsatz. Im folgenden Abschnitt werden diese Skalen näher beschrieben.

Nominalskala

Eine Nominalskala hat die möglichen Namen eines quantitativen Merkmals als Skalenwerte. Diese werden gleichberechtigt nebeneinander angeordnet. Die einzelnen Namen können zur Unterscheidung von artmäßigen Merkmalen genutzt werden, entsprechen jedoch keiner Rangordnung. Nehmen die einzelnen Namen zu viel Platz ein, so können ihnen auch Abkürzungen oder Nummern als Schlüsselwerte zugewiesen werden.

Ordinalskala

Eine Ordinalskala hat die Klassenbezeichnungen eines quantitativen Merkmals als Skalenwerte. Im Gegensatz zu einer Nominalskala sind die einzelnen Klassenbezeichnungen nicht gleichwertig, sondern entsprechen einer Rangordnung in auf- oder absteigender Folge.

Intervall- und Verhältnisskala

Bei diesen beiden Skalentypen handelt es sich um metrische Skalen, vergleichbar mit einem Meterstab. Als Skalenwerte werden Vielfache einer Grundeinheit abgetragen.

Eine metrische Skala heißt Intervallskala, wenn der Nullpunkt willkürlich gewählt ist; in diesem Fall können zwar Differenzen zwischen zwei Werten sinnvoll interpretiert werden, Quotienten hingegen nicht; Beispielsweise entsprechen \unit[20]{\degree C} nicht einer doppelt so hohen Temperatur wie \unit[10]{\degree C}, wenn man vom absoluten Temperaturnullpunkt T_0 = \unit[-273]{\degree C} ausgeht.

Ist der Nullpunkt einer Skala eindeutig festgelegt, so spricht man von einer Verhältnisskala. In diesem Fall sind auch Quotienten von einzelnen Werten sinnvoll interpretierbar. Beispiele hierfür sind Gewichtsangaben, Geldmengen, Stückzahlen, absolute Temperaturangaben usw.

Graphische Darstellungen statistischer Daten

Bisweilen ist es praktisch, statistische Informationen als Diagramme graphisch darzustellen; diese müssen einerseits eindeutig beschriftet sein und sollten andererseits möglichst übersichtlich gestaltet werden.

  • Bei einem Histogramm werden auf der waagrechten Achse die einzelnen Intervall- oder Klassengrenzen abgetragen. Über den einzelnen Intervallen werden Rechtecke gezeichnet, deren Höhe die absoluten oder relativen Häufigkeiten des jeweiligen Intervalls oder der jeweiligen Klasse darstellen.
  • Todo: Tortendiagramm, Liniendiagramm, Boxplot usw.

Umgang mit ungenauen Messwerten

Als Messfehler werden Differenzen zwischen gemessenen Werten und den unbekannten wahren Werten der jeweiligen Messgrößen bezeichnet. Sie lassen sich grundsätzlich in zwei Arten unterteilen – in systematische und statistische (zufällige) Fehler.

Systematische Fehler

Systematische Fehler entstehen durch mangelhafte Messverfahren, beispielsweise durch defekte Messgeräte, falsche Eichungen, oder Vernachlässigung von störenden Einflussgrößen. Je nach Fehler weichen die gemessenen Werte entweder nach oben oder nach unten von den tatsächlichen Werten ab.

Systematische Fehler werden „reproduzierbar“ genannt, denn bei erneuten Messvorgängen treten sie unter gleichen Bedingungen erneut auf. Wird der Fehler gefunden, so kann er berücksichtigt und eventuell korrigiert werden.

Statistische Fehler

Statistische Fehler entstehen zufällig, beispielsweise durch Schwankungen in Messgeräten oder durch ein ungenaues Ablesen von analogen Messgeräten. Die Abweichungen der gemessenen Werte können unabhängig vom Fehler sowohl nach oben als auch nach unten von den tatsächlichen Werten abweichen.

Statistische Fehler können nicht nie komplett vermieden werden. Die Messgenauigkeit kann jedoch erhöht werden, indem mehrere Messungen oder Stichprobentests unter gleichen Bedingungen durchgeführt werden.

Die Summe aller nicht erfassbaren systematischen und zufälligen Fehler ergibt den Größtfehler einer Datenaufnahme beziehungsweise Messung.

Setzt sich ein Ergebnis rechnerisch aus mehreren gemessenen Größen zusammen, so hat auch dieses einen Fehler, der sich aus den Fehlern der Einzelgrößen ergibt. Dabei gelten für verschiedene Rechenoperationen verschiedene Regeln:

  • Bei Summen und Differenzen (also y = x_1 + x_2 oder y = x_1
-x_2) werden die Absolutfehler der Einzelgrößen quadriert und addiert; die Quadratwurzel aus diesem Wert liefert schließlich den Fehler der Ergebnisgröße:

    \Delta y = \sqrt{(\Delta x_1)^2 + (\Delta x_2)^2}

  • Bei Produkten und Quotienten (also y = x_1 \cdot x_2 oder y
= x_1 : x_2) werden die relativen Fehler unter der Wurzel quadratisch addiert:

    \frac{\Delta y}{y} = \sqrt{\left(\frac{\Delta x_1}{x_1}\right)^2 +
\left(\frac{\Delta x_2}{x_2}\right)^2}

  • Bei Potenzen und Wurzeln (also y = x_1^{x_2}) wird der relative Fehler von y bestimmt durch

    \frac{\Delta y}{y} = x_2 \cdot \frac{\Delta x_1}{\;x_1}

    Dies gilt auch für x_2 < 1 (Wurzeln).

Mittelwerte und Streuungsmaße

Nicht nur bei der Fehlerrechnung hat man bei statistischen Analysen als Ziel, die Gesamtheit aller Merkmalswerte mit einigen charakteristischen Größen zusammenzufassen; diese sollten beispielsweise einen durchschnittlichen Wert sowie die Streuung der Merkmalswerte um diesen Durchschnittswert beziffern.

Mittelwerte

Mit „Mittelwert“ bezeichnet man umgangssprachlich meist das so genannte arithmetische Mittel; bisweilen sind allerdings auch andere Durchschnittswerte wie Median- oder Modalwerte besser zur Beschreibung einer Häufigkeitsverteilung geeignet.

Arithmetisches Mittel

Hat man eine Folge von n gemessenen Elementarereignissen vorliegen, so schwanken die Messwert x_i der Ereignisse um den Mittelwert \bar{x}, der folgendermaßen definiert ist:

(1)\bar{x} = \frac{1}{n} \cdot \sum_{i=1}^{n} x_{\mathrm{i}}

Der Mittelwert \bar{x} wird auch als „arithmetisches Mittel“ der Zahlenfolge bezeichnet. Die Abweichungen der einzelnen Ereignisse x_{\mathrm{i}} von diesem Mittelwert betragen:

\Delta x_{\mathrm{i}} = x_{\mathrm{i}} - \bar{x}

Der Mittelwert ist zwar anschaulich und einfach zu berechnen, allerdings empfindlich gegen unerwartet hohe beziehungsweise niedrige Merkmalswerte, so genannte „Ausreißer“.

Gewichtetes arithmetisches Mittel

Das gewichtete (arithmetische) Mittel ist arithmetische Mittel einer Häufigkeitsverteilung. Man verwendet diesen Wert, wenn die Merkmalswerte mit unterschiedlichen Häufigkeiten gewichtet sind.

Um das gewichtete Mittel zu berechnen, multipliziert man zunächst die unterschiedlichen Merkmalswerte x_{\mathrm{i}} mit ihrer jeweiligen Häufigkeit z_{\mathrm{i}}; anschließend addiert man alle resultierenden Produkt-Werte und teilt das Ergebnis durch die Anzahl n aller Messungen:

(2)\bar{x} =  \frac{1}{n} \cdot \sum_{i=1}^{n} z_{\mathrm{i}} \cdot x_{\mathrm{i}}

Hat man anstelle der (absoluten) Häufigkeiten z_{\mathrm{i}} die relativen Häufigkeiten h_{\mathrm{i}} = \frac{z_{\mathrm{i}}}{n} gegeben, so genügt es, diese mit den jeweiligen Merkmalswerten x_{\mathrm{i}} zu multiplizieren und die resultierenden Produkte zu addieren:

(3)\bar{x} =  \frac{1}{n} \cdot \sum_{i=1}^{n} z_{\mathrm{i}} \cdot
x_{\mathrm{i}} = \sum_{i=1}^{n} \frac{z_i}{n} \cdot x_i = \sum_{i=1}^{n}
h_{\mathrm{i}} \cdot x_{\mathrm{i}}

Beispiel:

  • Bei der Statistischen Erhebung „Mikrozensus 2015“ hat sich die in der folgenden Tabelle dargestellte Häufigkeitsverteilung für die Anzahl an Kindern (unter 18 Jahren) in Haushalten und Familien ergeben (Quelle: Destatis). Wie viele Kinder gibt es durchschnittlich je Familie?

    Kinder je Haushalt Anzahl z an Familien in 1000
    0 3\,376
    1 4\,251
    2 2\,916
    3 697
    4 126
    5 \text{ (oder mehr) } 42
    \text{Insgesamt} 11\,408

    Da die unterschiedlichen Kinder-Anzahlen unterschiedlich gewichtet sind, muss zur Bestimmung des Durchschnittwerts mit der Formel für das gewichtete arithmetische Mittel gerechnet werden:

    \bar{x} = \frac{1}{n} \cdot \sum_{i=1}^{n} z_{\mathrm{i}} \cdot
x_{\mathrm{i}}

    \bar{x} = \frac{1}{11\,408} \cdot \left( 3\,376 \cdot 0 +
4\,251 \cdot 1 + 2\,916 \cdot 2 + 697 \cdot 3 + 126 \cdot 4 + 42 \cdot 5
\right) \approx 1,13

    Je Familie gibt es in Deutschland somit durchschnittlich (nur) rund 1,13 Kinder unter 18 Jahren.

Geometrisches Mittel

Sind die Merkmalswerte relative Änderungen, wie es beispielsweise bei Wachstumraten oder Leistungssteigerungen der Fall ist, so wird bevorzugt das geometrische Mittel \bar{x}_{\mathrm{G}} als Durchschnittswert verwendet. Sie die einzelnen Merkmalswerte x_1,\,x_2,\,\ldots,\,x_{\mathrm{n}} allesamt positiv, so kann das geometrische Mittel \bar{x}_{\mathrm{G}} folgendermaßen berechnet werden:

(4)\bar{x}_{\mathrm{G}} = \sqrt{x_1 \cdot x_2 \cdot \ldots \cdot
x_{\mathrm{n}}}

Beispiel:

  • In einer bestimmten Bakterien-Kultur erhöhte sich in drei Tagen die Zahl der Bakterien pro Einheit von 100 auf 700. Gefragt ist nach der durchschnittlichen prozentualen Zunahme (je Tag).

    Die durchschnittliche Zunahme soll mit x bezeichnet werden. Für die Zahl der Bakterien nach dem ersten Tag ergibt sich damit:

    100 + 100 \cdot x = 100 \cdot (1 + x)

    Für den zweiten Tag ist der Wert 100 \cdot (1+x) der neue Ausgangswert. Stellt man die obige Gleichung für den zweiten Tag auf, so muss also lediglich 100 durch 100 \cdot (1+x) ersetzt werden. Man erhält als Anzahl der Bakterien nach dem zweiten Tag:

    100 \cdot (1+x) + 100 \cdot (1+x) \cdot x = 100 \cdot (1 + x)^2
{\color{white} \qquad \qquad \qquad \quad \,.}

    Hierbei wurde zunächst der gemeinsame Faktor 100 ausgeklammert und anschließend der resultierende Term zusammengefasst: 100 \cdot [(1+x) +
(1+x)\cdot x] = 100 \cdot (1 +x +x + x^2). Der Term in der Klammer kann als (1 + 2 \cdot x + x^2) geschrieben werden und entspricht somit der binomischen Formel (1+x)^2.

    Für den dritten Tag erhält man mit 100 \cdot (1+x)^2 als neuem Ausgangswert:

    100 \cdot (1+x)^2 + 100\cdot (1+x)^2 \cdot x = 100 \cdot (1+x)^3
{\color{white} \qquad \qquad \qquad \quad \;\;\;.}

    Hierbei wurde zunächst wiederum der gemeinsame Faktor 100 ausgeklammert und anschließend der resultierende Term in der Klammer ausmultipliziert. Man erhält so 100 \cdot \left[ (1 + 2 \cdot x + x^2)
+(x+ 2\cdot x^2 + x^3) \right], was sich zu 100 \cdot (1 + 3 \cdot x
+3\cdot x^2 + x^3) zusammenfassen lässt; dies entspricht wiederum der binomischen Formel (1+x)^3.

    Der Wert des letzten Ausdrucks soll gemäß der Angabe gleich 500 sein; es muss also gelten:

    100 \cdot (1 + x)^3 &= 700 \\
\Rightarrow (1 + x)^3 &= \frac{700}{100} \\
(1 + x) &= \sqrt[3]{\frac{700}{100}} \\
x &= \sqrt[3]{\frac{700}{100}} - 1 \approx 0,91 \\

    Die durchschnittliche Wachstumsrate beträgt somit rund 91\%.

Es kann gezeigt werden, dass das geometrische Mittel einer Merkmals-Reihe der Länge n allgemein nach diesem Prinzip berechnet werden kann:

(5)\bar{x}_{\mathrm{G}} = \sqrt[n]{\frac{\text{Endwert}}{\text{Anfangswert}}}

Hat ein Merkmal zu Beginn der Messungen einen Wert w_1, so erhält man allgemein bei einem gleichmäßigen Wachstum über n Zeitschritte den neuen Wert w_2 gemäß folgender Formel:

w_2 = w_1 \cdot (1 + x)^n

Hierbei bezeichnet x wiederum die Zuwachsrate je Zeitschritt.

Beispiel:

  • Der Wert einer Aktie, deren Kaufpreis \unit[50]{Eur} betrug, stieg im ersten Jahr auf \unit[70]{Eur}, fiel jedoch im zweiten Jahr auf \unit[40]{Eur}. Wie groß ist die mittlere Wachstumsrate?

    Für die relative Wachstumsrate x_1 im ersten Jahr gilt:

    x_1 = \frac{70}{50} = 1,4

    Für die relative Wachstumsrate x_2 im zweiten Jahr gilt dafür:

    x_2 = \frac{40}{70} \approx 0,5714

    Für das geometrische Mittel \bar{x}_{\mathrm{G}} zwischen diesen beiden Werten beträgt:

    \bar{x}_{\mathrm{G}} = \sqrt{x_1 \cdot x_2} = \sqrt{1,4 \cdot 0,5714}
\approx 0,8944

    Der Wert des geometrischen Mittels ist in diesem Fall kleiner als 1, was eine Verringerung des ursprünglichen Werts bedeutet. Die jährliche „Wachstumsrate“ beträgt also 0,8944 - 1 \approx -0,1056, also rund -10,56\%.

Wie man an den beiden Beispielen erkennen kann, wird das geometrische Mittel vor allem zur Bestimmung des Durchschnittswertes von Verhältniszahlen genutzt, wobei die Veränderungen meist in jeweils gleichen zeitlichen Abschnitten angegeben sind.

Harmonisches Mittel

Das harmonische Mittel wird dann verwendet, wenn die Merkmalswerte in Form von Quotienten vorliegen, wie dies beispielsweise bei der Berechnung von Durchschnitts-Geschwindigkeiten oder Bevölkerungsdichten der Fall ist.

Die einzelnen Merkmalswerte x_1,\,x_2,\,\ldots,\,x_{\mathrm{n}} müssen allesamt positiv oder allesamt negativ sein; das harmonische Mittel \bar{x}_{\mathrm{H}} lässt sich dann schrittweise folgendermaßen berechnen:

  • Man dividiert die einzelnen Merkmalswerte x_{\mathrm{i}} durch ihre jeweiligen (absoluten) Häufigkeiten z_{\mathrm{i}} und bildet dabei jeweils die Kehrwerte der Ergebnisse.
  • Alle so erhaltenen Kehrwerte werden aufsummiert und der Kehrwert dieser Summe gebildet.
  • Der Kehrwert dieser Summe wird mit der Anzahl n = \sum_{}^{}
z_{\mathrm{i}} multipliziert.

Die Formel zur Berechnung des harmonischen Mittels lautet also:

(6)\bar{x}_{\mathrm{H}} = \frac{z_1 + z_2 + \ldots}{\frac{z_1}{x_1} +
\frac{z_2}{x_2} + \ldots} = \frac{\sum_{}^{} z_{\mathrm{i}}}{\sum_{}^{}
\frac{z_{\mathrm{i}}}{x_{\mathrm{i}}} }

Beispiele:

  • Ein Fahrradfahrer fährt eine \unit[5]{km} lange Strecke zunächst mit \unit[10]{km/h} bergauf, anschließend mit \unit[30]{km/h} bergab. Wie groß ist die Durchschnittsgeschwindigkeit des Fahrers?

    Die beiden auftretenden Merkmalswerte sind x_1 = \unit[10]{km/h} und x_2 = \unit[30]{km/h}; sie treten mit den Häufigkeiten z_1 =
z_2 = \unit[5]{km} auf. Da es sich bei den Merkmalswerten um Quotienten handelt, muss zur Berechnung des Durchschnittswertes auf das harmonische Mittel zurückgegriffen werden:

    \bar{x}_{\mathrm{H}} = \frac{z_1 + z_2}{\frac{z_1}{x_1} + \frac{z_2}{x_2}}
= \frac{\unit[(5 + 5)]{km}}{\frac{\unit[5]{km}}{\unit[10]{\frac{km}{h}}} +
\frac{\unit[5]{km}}{\unit[30]{\frac{km}{h}}} } = \unit[15]{km/h}

    Die geringe Geschwindigkeit fällt stärker ins Gewicht, da der Fahrer bergauf mehr Zeit benötigt als bergab.

  • Die Bevölkerungszahlen der Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg sind in der folgenden Tabelle dargestellt (Quelle: Wikipedia, Stand: Dezember 2016). Wie viel Einwohner je \unit{km^2} gibt es durchschnittlich in diesen beiden Ländern?

    Land Fläche in \unit{km^2} Einwohner Einwohner je \unit{km^2}
    Baden-Württemberg 35\,751 10\,879\,618 304
    Bayern 70\,550 12\,843\,514 182

    Sind auch die absoluten Einwohnerzahlen bekannt, so kann man diese aufsummieren und das Resultat durch die Gesamtfläche dividieren. Kennt man hingegen nur die Einwohnerzahlen je \unit{km^2}, so kann man zur Berechnung des Durchschnittswerts die Formel für das harmonische Mittel verwenden:

    \bar{x}_{\mathrm{H}} = \frac{z_1 + z_2}{\frac{z_1}{x_1} + \frac{z_2}{x_2}}
= \frac{\unit[(35\,751 + 70\,550)]{km^2}}{\frac{\unit[35\,751]{km^2}}{\unit[304]{\frac{1}{km^2}}} +
\frac{\unit[70\,550]{km^2}}{\unit[182]{\frac{1}{km^2}}} } \approx \unit[210,4]{\frac{1}{km^2}}

    Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte in diesen beiden Bundesländern liegt somit unterhalb des Durchschnittwerts für ganz Deutschland (laut obiger Quelle rund \unit[230]{\frac{1}{km^2}}, Stand: Dezember 2016).

Wie man an den Beispielen erkennen kann, wird das harmonische Mittel dann verwendet, wenn die Gewichtungen in der gleichen Einheit vorliegen wie der Zähler oder der Nenner des Merkmals.

Median

Wesentlich unempfindlicher gegenüber Ausreißern ist der so genannte Medianwert. Sortiert man alle Merkmalswerte in aufsteigender Reihenfolge, so entspricht der Medianwert genau dem Wert, der sich in der Mitte dieser Liste befindet.

  • Bei einer Liste mit einer ungeradzahligen Anzahl von n Elementarereignissen entspricht der mittlere Platz der Position \frac{n+1}{2} in der Liste; der Medianwert entspricht somit dem Wert x_{\mathrm{\left[\frac{n+1}{2}\right]}}^{\phantom{X}} der Liste:

    Me = x_{\mathrm{\left[\frac{n+1}{2}\right]}}

  • Bei einer Liste mit einer geradzahligen Anzahl von n Elementarereignissen entspricht der Median dem Durchschnitt aus den beiden mittig gelegenen Werten:

    Me = \frac{1}{2} \cdot \big( x_{\mathrm{\left[\frac{n+1}{2}\right]}} +
x_{\mathrm{\left[\frac{n+1}{2}\right]}}  \big)

Der Median ist somit ebenfalls schnell und einfach zu bestimmen.

Modalwert

Der Modalwert, bisweilen auch „Modus“ genannt, gibt den Wert einer Messreihe an, der am häufigsten beobachtet wurde. Üblicherweise wird der Modalwert nur dann verwendet, wenn sich die damit verbundene Häufigkeit deutlich von den restlichen Häufigkeiten unterscheidet; der Modalwert sollte also ein herausragender Wert sein.

Da die restlichen Merkmalswerte unberücksichtigt bleiben, wird der Modalwert von Ausreißern nicht beeinflusst.

Streuungsmaße

Zusätzlich zum Mittelwert sollte stets (mindestens) ein Streuungsmaß angegeben werden, das angibt, wie stark die tatsächlichen Merkmalswerte vom Mittelwert abweichen. Beispielsweise sind bei „genauen“ Messungen die Abweichungen nur gering, während sie sich bei „ungenauen“ Messungen über einen größeren Skalenbereich erstrecken.

Spannweite und Quantile

Als Spannweite R, im Englischen „range“ genannt, bezeichnet man die Differenz aus dem größten und dem kleinsten beobachteten Merkmalswert:

R = x_{\mathrm{max}} - x_{\mathrm{min}}

Die Spannweite ist zwar ein einfaches und anschauliches Streuungsmaß, gibt allerdings keine näheren Informationen über die konkrete Verteilung der Merkmalswerte an und ist zudem anfällig gegenüber so genannten „Ausreißern“, also einzelnen ungewöhnlich niedrigen oder hohen Werten.

Besser geeignet sind daher meist so genannte Quantils-Angaben: Hierbei sortiert man zunächst alle Merkmalswerte ihrer Größe nach und untergliedert diese dann in mehrere Teile:

  • Bei Quartilen wird die Gesamtheit aller Merkmalswerte in vier gleich große Bereiche unterteilt.
  • Bei Dezilen wird die Gesamtheit aller Merkmalswerte in zehn gleich große Bereiche unterteilt.

Die Berechnung der einzelnen Quantile erfolgt in ähnlicher Weise wie die Berechnung des Median-Werts; beispielsweise gibt das erste Quartil an, dass 25\% aller Merkmalswerte kleiner und folglich 75\% aller Werte größer als der Wert des ersten Quartils sind.[2] Der Wert des zweiten Quartils gibt entsprechend an, dass 50\% der Merkmalswerte kleiner beziehungsweise größer als dieser Wert sind; dieser Wert ist somit mit dem Median-Wert identisch.

Standardabweichung

Als Schwankungsbreite wird gewöhnlich die Wurzel aus der mittleren quadratischen Abweichung vom Mittelwert angegeben. Diese Größe wird Standardabweichung \sigma genannt:

\sigma = \sqrt{\frac{1}{n-1} \cdot \sum_{i=1}^{n} (x_{\mathrm{i}} - \bar{x})^2}

Die Standardabweichung ist, abgesehen von statistischen Schwankungen, unabhängig von der Anzahl n der Einzelmessungen.

… to be continued …


Anmerkungen:

[1]

Ein Merkmal kann auch als eine Abbildung X: G \to M aufgefasst werden, welche die einzelnen Merkmalsträger g \in G auf Ausprägungen m \in M abbildet:

X(g) = m

Eine derartige Abbildung ist nicht zwingend eindeutig: Ein Merkmalsträger kann mehrere Merkmals-Ausprägungen aufweisen; beispielsweise kann eine Person in mehreren Vereinen aktiv sein, mehrere Sprachen sprechen usw.

[2]

Zur Berechnung des ersten Quartilswert prüft man, ob man bei einer Merkmalsliste der Länge n für den Term \frac{n+1}{4} eine ganzzahlige Zahl erhält. Ist dies der Fall, so gilt für den ersten Quartilswert:

q_1 = x_{\mathrm{ \left[ \frac{n+1}{4} \right] }}

Ist \frac{n+1}{4} nicht ganzzahlig ist, so interpoliert man zwischen diesem und dem darauf folgenden Wert. Bezeichnet man den Nachkomma-Anteil von \frac{n+1}{4} mit R, so ergibt sich als Formel für den ersten Quartilswert:

q_1 = x_{\mathrm{ \left[ \frac{n+1}{4} \right] }} + R \cdot \left( x_{\mathrm{
\left[ \frac{n+1}{4} + 1 \right] }} - x_{\mathrm{ \left[ \frac{n+1}{4}
\right] }} \right)


Hinweis

Zu diesem Abschnitt gibt es Übungsaufgaben.