ipython – eine Python-Entwicklungsumgebung

Ipython ist ein Interpreter-Frontend, das vielerlei nützliche Features zum interaktiven Entwickeln von Python-Projekten bietet. Er kann durch das gleichnamige Paket installiert werden:

sudo aptitude install ipython3 ipython3-qtconsole ipython3-notebook

Die beiden letzten Pakete ermöglichen es, Ipython mit einer graphischen Oberfläche oder als Anwendung in einem Webbrowser zu starten. Nach der Installation kann das Programm in einer Shell mittels ipython3 oder als graphische Oberfläche mittels ipython3 qtconsole aufgerufen werden.

Gibt man in Ipython einen Python-Ausdruck ein und drückt Enter, so wird dieser ausgewertet. Besteht der Ausdruck beispielsweise aus einem einzelnen Variablennamen, so wird eine String-Version dieser Variablen ausgegeben.

magic-Funktionen

In Ipython ist es möglich, einige zusätzliche Funktionen aufzurufen; diese nur in Ipython-Sitzungen definierten Funktionen werden als magic-Funktionen bezeichnet und mit % bzw. %% eingeleitet. Mittels %lsmagic werden beispielsweise alle derartigen Funktionen aufgelistet:

%lsmagic
# Ergebnis:

# Available line magics:
# %alias  %alias_magic  %autocall  %autoindent  %automagic  %bookmark  %cd
# %colors  %config  %cpaste  %debug  %dhist  %dirs  %doctest_mode  %ed  %edit
# %env  %gui  %hist  %history  %install_default_config  %install_ext
# %install_profiles  %killbgscripts  %load  %load_ext  %loadpy  %logoff
# %logon  %logstart  %logstate  %logstop  %lsmagic  %macro  %magic
# %matplotlib  %notebook  %page  %paste  %pastebin  %pdb  %pdef  %pdoc  %pfile
# %pinfo  %pinfo2  %popd  %pprint  %precision  %profile  %prun  %psearch
# %psource  %pushd  %pwd  %pycat  %pylab  %quickref  %recall  %rehashx
# %reload_ext  %rep  %rerun  %reset  %reset_selective  %run  %save  %sc
# %store  %sx  %system  %tb  %time  %timeit  %unalias  %unload_ext  %who
# %who_ls  %whos  %xdel  %xmode

# Available cell magics:
# %%!  %%HTML  %%SVG  %%bash  %%capture  %%debug  %%file  %%html  %%javascript
# %%latex  %%perl  %%prun  %%pypy  %%python  %%python3  %%ruby  %%script  %%sh
# %%svg  %%sx  %%system  %%time  %%timeit  %%writefile

Im folgenden werden einige der magic-Funktionen kurz vorgestellt.

Magic-Funktionen automatisch erkennen

Durch eine Eingabe von %automagic im Ipython-Interpreter werden im Verlauf der Sitzung die Namen der Magic-Funktionen in den globalen Namensraum aufgenommen. Im folgenden kann damit wahlweise pwd oder %pwd

eingegeben werden, um den Namen des aktuellen Arbeitsverzeichnisses anzuzeigen; das beziehungsweise die %-Zeichen können anschließend also weggelassen werden.

Wissenschaftliche Notation von Zahlen

Mittels der %precicion-Anweisung kann eingestellt werden, in welchem Format Zahlenergebnisse im Ipython-Interpreter ausgegeben werden sollen. Persönlich empfinde ich folgende Einstellung als angenehm:

%precision %.4g

Mit dieser Einstellung erhält man Ergebnisse mit wissenschaftlicher „e-Notation“ dargestellt, wobei maximal drei Nachkommastellen ausgegeben werden; beispielsweise liefert auf diese Weise die Eingabe 5/100000000000000000000 das Ergebnis 5e-20.

Zeilen und Zellen

Ipython kennt – ebenso wie der Standard-Python-Interpreter – zwei Arten von Anweisungen: Zum einen „simple“ einzeilige Anweisungen, zum anderen „zusammengesetzte“ Anweisungen, die aus mehreren Zeilen bestehen. In Ipython wird eine solche Block-Anweisung, die stets mit einer leeren Zeile endet, auch als „Zelle“ bezeichnet.

Die line magic-Funktionen beziehen sich auf eine einzelne, einzeilige Anweisung; den cell magic-Funktionen werden hingegen der jeweiligen Anweisung weitere Zeilen angefügt. Beispielsweise kann mittels %% writefile dateiname der unmittelbar folgenden Text (ohne Anführungszeichen!) in eine Datei geschrieben werden, bis die Eingabe durch ein zweimaliges Drücken von Enter beendet wird.

%%writefile test.txt
Hallo
Welt!
#Ergebnis: Writing tmp.txt

Mittels %%writefile -a wird der folgende Text an die angegebene Datei angehängt; eine Eingabe von leeren Zeilen oder von formatiertem Text ist so allerdings nicht möglich, die unmittelbar folgende Texteingabe wird „as it is“ geschrieben.

Code via Copy-und-Paste einfügen

Versucht man einen ganzen Code-Block per Copy-und-Paste einzufügen, so kann es zu einer Fehlermeldung kommen, wenn der Block leere Zeilen enthält: Ipython sieht an dieser Stelle die Eingabe der „Zelle“ als beendet an und beginnt die nächste (die dann meist eine falsche Einrückung aufweist).

Um dieses Problem zu umgehen, kann man die Magic-Funktion %cpaste aufrufen: Anschließend wird der gesamte (beispielsweise mittels Paste) eingefügte Text als eine einzige Eingabe-Zelle interpretiert – bis Ctrl d gedrückt wird, oder eine Textzeile eingegeben wird, die lediglich die Zeichenkette -- enthält.

Auf diese Weise kann man beispielsweise Vim mit dem Plugin Vicle als Editor verwenden und von dort aus Code an einen Ipython-Shell-Interpreter senden.

Python-Skripte aufrufen

Python-Skripte lassen sich folgendermaßen vom Ipython-Interpreter aus aufrufen:

%run path/script.py [arguments]

Befindet man sich bereits im Pfad der Programmdatei oder wechselt mittels os.chdir(path) dorthin, so kann die Pfadangabe im obigen Aufruf weggelassen werden.

Der obige Aufruf entspricht dem üblichen Aufruf von python3 path/script.py in einer Shell. Benötigt das Skript gegebenenfalls weitere Argumente, so können diese im Anschluss an die Pfadangabe des Skripts angegeben werden. Ist das aufgerufene Skript fehlerhaft und/oder benötigt es zu lange zur Ausführung, so kann es mit Ctrl c unterbrochen werden (KeyboardInterrupt).

Ein Vorteil der %run-Anweisung liegt darin, dass alle im aufgerufenen Skript definierten Variablen und Funktionen importiert und anschließend in der interaktiven Sitzung genutzt werden können (als wären sie direkt eingeben worden). Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass beim Aufruf von run zusätzliche Optionen angegeben werden können:

  • Mit %run -t („timer“) wird die Laufzeit des Python-Skript in Kurzform dargestellt.

    Der Timer listet auf, wie viel Zeit beim Ausführen des Skripts für System-Aufrufe, wie viel auf benutzerspezifische Rechenschritte und wie viel Gesamt benötigt wurde.

  • Mit %run -t („profiler“) wird die Laufzeit der einzelnen im Python-Skript aufgerufenen Anweisungen detailliert dargestellt.

    Der Profiler listet dabei auf, wie häufig eine Funktion aufgerufen wurde und wie viel Zeit dabei je Ausführung beziehungsweise insgesamt benötigt wurde.

  • Mit %run -d („debugger“) wird das Programm im Python-Debugger pdb gestartet.

    Der Debugger durchläuft das Programm Anweisung für Anweisung und hält dabei an vorgegebenen Breakpoints oder bei nicht abgefangenen Exceptions; man kann sich dann beispielsweise die Werte von Variablen anzeigen lassen, die für den auftretenden Fehler verantwortlich sein können.

Debugging

Anstelle ein Python-Skript mittels %run -d script.py von Anfang an im Debugger zu starten, kann man in Ipython mittels %debug einen allgemeinen Debug-Modus aktivieren. In diesem Fall wird der Debugger automatisch gestartet, wenn eine nicht abgefangene Exception auftritt.

Interaktion mit der Shell

Im Ipython-Interpreter lassen sich Shell-Anweisungen ausführen, indem man diesen ein ! voranstellt; beispielsweise listet !ls den Inhalt des aktuellen Verzeichnisses auf. Gibt man files = !ls ein, so wird die Ausgabe der Shell-Anweisung ls als Liste in der Python-Variablen files gespeichert.

Umgekehrt kann man den Inhalt von Python-Variablen an die Shell-Anweisung übergeben, indem man der Variablen ein $-Zeichen voranstellt. Man könnte also !echo "$files eingeben, um die in der Variablen files gespeicherten Inhalte mittels echo auszugeben.

Konfigurationen

Eigene Konfigurationen lassen sich in Ipython mittels so genannter „Profile“ festlegen. Auf diese Weise kann beispielsweise festgelegt werden, welche Module beim Start von Ipython automatisch geladen oder welche Variablen standardmäßig definiert werden sollen; die Ipython-Profile ermöglichen darüber hinaus weitere Möglichkeiten, das Aussehen und Verhalten des Interpreters zu steuern.

Ein neues Profil kann folgendermaßen erstellt werden:

# Profil "default" erstellen:
ipython3 profile create

# Profil "profilname" erstellen:
ipython3 profile create profilname

Hierdurch wird das Profil mit dem angegebenen Namen im Verzeichnis ~/.ipython neu angelegt; lässt man den Profilnamen weg, so wird das Profil automatisch default genannt. Bei künftigen Sitzungen wird, sofern vorhanden, das Profil default automatisch geladen, außer man wählt startet Ipython explizit mit dem angegebenen Profilnamen:

# Ipython mit "default"-Profil starten:
ipython3

# Ipython mit "profilname"-Profil starten:
ipython3 --profile=profilname

Durch das Erstellen eines Profils wird im Verzeichnis ~/.ipython/profile_default (oder einem entsprechenden Profilnamen) automatisch ein Satz Konfigurationsdateien erstellt. Die wichtigsten Konfigurationsdateien sind:

  • ipython_qtconsole_config.py: Diese Datei wird aufgerufen, wenn Ipython mittels ipython3 qtconsole, also mit graphischer QT-Console gestartet wird.
  • ipython_notebook_config.py: Diese Datei wird aufgerufen, wenn Ipython mittels ipython3 notebook, also als Webanwendung gestartet wird.
  • ipython_config.py: Diese Datei wird immer aufgerufen, wenn Ipython mit dem angegebenen Profil gestartet wird.

Alle Konfigurationen enthalten sämtliche Einstellungsoptionen mitsamt der zugehörigen Beschreibungen in Kommentarform; um eine Einstellung vorzunehmen, muss also nur das Kommentarzeichen am Anfange der jeweiligen Zeile entfernt und der Konfig-Variable der gewünschte Wert zugewiesen werden.

Abgesehen von vielen zusätzlichen Kommentaren kann eine Konfigurationsdatei somit beispielsweise folgendermaßen aussehen:

# sample ipython_config.py
# Configuration file for ipython.

c = get_config()

# lines of code to run at IPython startup.
c.InteractiveShellApp.exec_lines = [
    'import math as m',
    'import numpy as np',
    'import matplotlib as mpl',
    'import matplotlib.pyplot as plt',
    'import sympy as sy',
    'import pandas as pd',
    'pi = m.pi',
    'sq = m.sqrt',
    'sin = m.sin',
    'cos = m.cos',
    'tan = m.tan',
    'atan = m.atan',
    'rad = m.radians',
    'deg = m.degrees',
    'g = 9.81',
    '%precision %.4g',
    ]

# Autoindent IPython code entered interactively.
c.InteractiveShell.autoindent = True

# Enable magic commands to be called without the leading %.
c.TerminalInteractiveShell.automagic = True

c.TerminalInteractiveShell.history_length = 10000

# Set the color scheme (NoColor, Linux, or LightBG).
c.TerminalInteractiveShell.colors = 'Linux'
c.TerminalInteractiveShell.color_info = True

Die einzelnen Optionen können bei Bedarf auch innerhalb einer laufenden Sitzung geändert werden; hierzu muss man lediglich eine Anweisung der Form %config InteractiveShell.autoindent = True eingeben.

Weitere Infos zu Ipython gibt es in der offiziellen Dokumentation (en.).