Mengen und ihre Eigenschaften

Der Begriff „Menge“ wurde erstmals von Georg Cantor benutzt. Er bezeichnete damit eine „Zusammenfassung von bestimmten, klar unterscheidbaren Objekten unserer Anschauung und unseres Denkens zu einem Ganzen.“

Eine Menge (Kurzschreibweise: \mathbb{M}) hat damit folgende Eigenschaften:[1]

  • Eine Menge ist genau dann festgelegt, wenn sich von allen Objekten festlegen lässt, ob sie zur Menge gehören oder nicht.
  • Ein Objekt darf nicht mehrfach in der Menge enthalten sein.

Die in einer Menge enthaltenen Objekte werden als Elemente bezeichnet.

Beispiele:

  • Die Teilnehmer eines bestimmten Lehrgangs sind wohlunterschiedene Objekte unserer Anschauung, sie bilden also eine Menge.
  • Die natürlichen Zahlen sind wohlunterschiedene Objekte unseres Denkens und bilden somit eine Menge.
  • Die abstrakten Objekte 2, \sqrt{4}, \frac{4}{2}, \frac{12}{6} bilden eine einelementige Menge, da sie untereinander gleich sind.
  • Die Menge der Primzahlen enthält unendlich viele Elemente.
  • Die umgangssprachlichen Bezeichnungen: „eine Menge Geld“, „eine Menge Wasser“ usw. werden in der Mathematik nicht als Mengen angesehen, da sich nicht genau angeben lässt, welche Objekte dazugehören.

Als Variablen für Mengen werden Großbuchstaben, als Variablen für Elemente einer Menge Kleinbuchstaben verwendet. \mathbb{M} ist eine Menge, wenn für jedes konkrete oder abstrakte Objekt x der Satz „x \in
\mathbb{M}“ eine wahre oder falsche Aussage ist. Gehört zu einer Menge kein konkretes oder abstraktes Objekt, so wird sie als leere Menge bezeichnet und mit dem Symbol \emptyset dargestellt.

Die mathematische Kurzschreibweise x \in \mathbb{M} bedeutet, dass das Element x in der Menge \mathbb{M} enthalten ist. Ist dieser Satz

  • für alle x falsch, so ist \mathbb{M} eine leere Menge,
  • für endlich viele x wahr, so ist \mathbb{M} eine endliche Menge,
  • für unendlich viele x wahr, so ist \mathbb{M} eine unendliche Menge.

Ist ein Element x nicht in der Menge \mathbb{M} enthalten, so schreibt man x \notin \mathbb{M}.

Darstellung von Mengen

Mengen lassen sich auf verschiedene Arten angeben:

  • Aufzählende Form:

    Die Symbole der Objekte werden in geschweiften Klammern, durch Komma getrennt, aufgelistet.

    Beispiele:

    • \mathbb{M} _1 = \{ 1, 2, 3, \ldots \}
    • \mathbb{M} _2 = \{ a, b, c, d \}
  • Kennzeichnende Form:

    In der geschweiften Klammer wird eine Regel aufgeschrieben, anhand derer festgelegt ist, ob ein bestimmtes Element zur Menge gehört oder nicht.

    Beispiel:

    • \mathbb{M}_3 = \{  x \; | \; \text{$x$ ist eine Primzahl}  \}

    Die Schreibweise \mathbb{M} = \{ x | A(x) \} bedeutet somit, dass genau dann x \in \mathbb{M} gilt, wenn die Aussageform A(x) wahr ist.

  • Mengendiagramme:

    Die Elemente der Menge werden innerhalb einer geschlossenen Kurve dargestellt („Venn-Diagramm“)

fig-venn-diagramm

Beispiel eines Venn-Diagramms.

Mengengleichheit

Zwei Mengen \mathbb{M}_1 und M_2 sind gleich, wenn jedes Element von \mathbb{M}_1 auch Element von \mathbb{M}_2 ist, in Kurzschreibweise \mathbb{M}
_1 = \mathbb{M}_2.

\mathbb{M}_1  = \mathbb{M}_2 \quad \Longleftrightarrow \quad
(\mathbb{M}_1 \subset \mathbb{M}_2 \wedge \mathbb{M}_2
\subset \mathbb{M}_1 )

Teilmenge und Obermenge

Sind alle Elemente der Menge \mathbb{M}_1 auch Elemente der Menge \mathbb{M}_2, so ist \mathbb{M}_1 eine Teilmenge von \mathbb{M}_2, in Kurzschreibweise \mathbb{M}_1
\subset \mathbb{M}_2. Hierbei gibt es zwei Möglichkeiten:

  • \mathbb{M}_1 heißt echte Teilmenge von \mathbb{M}_2, wenn \mathbb{M}_1 \subset \mathbb{M}_2 gilt und \mathbb{M}_2 mindestens ein Element besitzt, das nicht zu \mathbb{M}_1 gehört.
  • \mathbb{M}_1 heißt unechte Teilmenge von \mathbb{M}_2, wenn \mathbb{M}_1 \subset \mathbb{M}_2 gilt und \mathbb{M}_2 kein Element besitzt, das nicht zu \mathbb{M}_1 gehört – es gilt \mathbb{M}_1 = \mathbb{M}_2.

\mathbb{M}_1 \subset \mathbb{M}_2 \quad \Leftrightarrow \quad \left( x \in
\mathbb{M}_1 \Rightarrow x \in \mathbb{M}_2 \right)

In beiden Fällen wird die Menge \mathbb{M}_2, die auch alle Elemente von \mathbb{M}_1 enthält, als Obermenge von \mathbb{M}_1 bezeichnet.

Beispiel:

  • \mathbb{M}_1 = \{  3,\, 5,\, 7 \},  \; \mathbb{M}_2 = \{ 1,\,3,\,
5,\,7,\,9 \} \; \Rightarrow \; \mathbb{M}_1 \subset \mathbb{M}_2
fig-venn-diagramm-teilmenge

Venn-Diagramm einer Teilmenge.

Mengenoperationen

Die Schnittmenge

Unter der Schnittmenge zweier Mengen \mathbb{M}_1 und \mathbb{M}_2 versteht man die Menge aller Objekte, die sowohl zu \mathbb{M}_1 als auch zu \mathbb{M}_2 gehören, in Kurzschreibweise \mathbb{M}_1 \cap \mathbb{M}_2.

x \in \mathbb{M}_1 \cap \mathbb{M}_2 \quad \Longleftrightarrow
\quad x \in \mathbb{M}_1 \wedge x \in \mathbb{M}_2

Beispiel:

  • \mathbb{M}_1 = \{  1,\, 3,\, 5 \},  \; \mathbb{M}_2 = \{ 5,\,7,\,9 \}
\; \Rightarrow \; \mathbb{M}_1 \cap \mathbb{M}_2 = \{ 5 \}
fig-venn-diagramm-schnittmenge

Venn-Diagramm einer Schnittmenge.

Nach dem gleichen Prinzip lässt sich auch die Schnittmenge mehrerer Mengen bilden. Mengen, die keine gemeinsamen Elemente haben, werden als disjunkte oder elementefremde Mengen bezeichnet.

Die Vereinigungsmenge

Die Menge aller Objekte, die zu mindestens einer der Mengen \mathbb{M}_1 oder \mathbb{M}_2 gehören, heißt Vereinigungsmenge von \mathbb{M}_1 und \mathbb{M}_2, in Kurzschreibweise: \mathbb{M}_1 \cup \mathbb{M}_2.

x \in \mathbb{M}_1 \cup \mathbb{M}_2 \quad \Longleftrightarrow
\quad x \in \mathbb{M}_1 \vee x \in \mathbb{M}_2

Beispiel:

  • \mathbb{M}_1 = \{  1,\, 3,\, 5 \},  \; \mathbb{M}_2 = \{ 5,\,7,\,9 \}
\; \Rightarrow \; \mathbb{M} _1 \cup \mathbb{M}_2 = \{ 1,\, 3,\, 5,\, 7,\, 9 \}
fig-venn-diagramm-vereinigungsmenge

Venn-Diagramm einer Vereinigungsmenge.

Nach dem gleichen Prinzip lässt sich auch die Vereinigungsmenge mehrerer Mengen bilden.

Die Differenz- und Komplementärmenge

Die Menge aller Objekte, die zu \mathbb{M}_1 gehören, ohne zugleich auch zu \mathbb{M}_2 zu gehören, heißt Differenzmenge (oder auch Restmenge) der Mengen \mathbb{M}_1 und \mathbb{M}_2, in Kurzschreibweise \mathbb{M}_1 \setminus \mathbb{M}_2.

x \in \mathbb{M}_1 \setminus \mathbb{M}_2 \quad
\Longleftrightarrow \quad x \in \mathbb{M}_1 \wedge x \notin \mathbb{M}_2

Beispiel:

  • \mathbb{M}_1 = \{ 1,\, 3,\, 5 ,\, 7 ,\, 9 \},  \; \mathbb{M}_2 = \{
7,\,9 \} \; \Rightarrow \; \mathbb{M}_1 \setminus \mathbb{M}_2 = \{ 1 ,\, 3
,\, 5 \}
fig-venn-diagramm-differenzmenge

Venn-Diagramm einer Differenzmenge.

Die Komplementärmenge \mathbb{M}^{*}_1 einer Menge \mathbb{M}_1 ist diejenige Menge bezüglich einer Obermenge \mathbb{M}, deren Elemente zwar zu \mathbb{M}, aber nicht zu \mathbb{M}_1 gehören. Somit gilt \mathbb{M}^{*}_1 = \mathbb{M} \setminus \mathbb{M}_1.

Die Produktmenge

Die Produktmenge (auch Kreuzmenge oder kartesisches Produkt) der Mengen \mathbb{M}_1 und \mathbb{M}_2 ist die Menge sämtlicher geordneter Paare, die mit den Elementen der Menge \mathbb{M} _1 (an erster Stelle) und denen der Menge \mathbb{M}_2 (an zweiter Stelle) gebildet werden können, in Kurzschreibweise \mathbb{M}_1 \times
\mathbb{M}_2:[2]

(x \, , \, y) \in \mathbb{M}_1 \times \mathbb{M}_2 \quad \Longleftrightarrow
\quad x \in \mathbb{M}_1 \wedge y \in \mathbb{M}_2

fig-venn-diagramm-produktmenge

Venn-Diagramm einer Produktmenge.

Ordnet man die Elemente von \mathbb{M}_1 als Punkte eines Zahlenstrahls und die Elemente von \mathbb{M}_2 auf einem dazu senkrecht stehenden Zahlenstrahl an, dann stellen sich die Elemente (x _{\mathrm{i}} \, , \,
y _{\mathrm{i}}) von \mathbb{M}_1 \times \mathbb{M}_2 als Punkte der Ebene dar, die von den beiden Zahlenstrahlen aufgebaut wird. Führt man diesen Gedanken fort, so findet man, dass alle Punkte einer xy-Koordinatenebene mit x \in \mathbb{R} und y \in \mathbb{R} durch die Elemente von \mathbb{R} ^2 = \mathbb{R} \times \mathbb{R} dargestellt werden können.

Rechenregeln für Mengenoperationen

Für Mengenverknüpfungen gelten ähnliche Rechenregeln wie beim Rechnen mit Zahlen. Es gilt:

  • Kommutativgesetz:

    \mathbb{M}_1 \cap \mathbb{M}_2 &= \mathbb{M}_2 \cap
\mathbb{M}_1 \\
\mathbb{M}_1 \cup \mathbb{M}_2 &= \mathbb{M}_2 \cup
\mathbb{M}_1 \\

  • Assoziativgesetz:[3]

    \mathbb{M}_1 \cap (\mathbb{M}_2 \cap \mathbb{M}_3)
 &= (\mathbb{M}_1 \cap \mathbb{M}_2) \cap \mathbb{M}
_3 \\
 \mathbb{M}_1 \cup (\mathbb{M}_2 \cup \mathbb{M}_3)
 &= (\mathbb{M}_1 \cup \mathbb{M}_2) \cup \mathbb{M}
_3 \\

  • Distributivgesetz:[4]

    \mathbb{M}_1 \cap (\mathbb{M}_2 \cup \mathbb{M}
_3) &= (\mathbb{M}_1 \cap \mathbb{M}_2) \cup
 (\mathbb{M}_1 \cap \mathbb{M}_3) \\
 \mathbb{M}_1 \cup (\mathbb{M}_2 \cap \mathbb{M}
_3) &= (\mathbb{M}_1 \cup \mathbb{M}_2) \cap
 (\mathbb{M}_1 \cup \mathbb{M}_3)

Zusätzlich gilt für beliebige Mengen:

\mathbb{M}_1 \setminus (\mathbb{M}_2 \cup \mathbb{M}_3) &= (\mathbb{M}_1
\setminus \mathbb{M}_2) \cap (\mathbb{M}_1 \setminus \mathbb{M}_3) \\
\mathbb{M}_1 \setminus (\mathbb{M}_2 \cap \mathbb{M}_3) &= (\mathbb{M}_1
\setminus \mathbb{M}_2) \cup (\mathbb{M}_1 \setminus \mathbb{M}_3)

\mathbb{M}_1 \times (\mathbb{M}_2 \cup \mathbb{M}_3) &= (\mathbb{M}_1 \times
\mathbb{M}_2) \cup (\mathbb{M}_1 \times \mathbb{M}_3) \\
\mathbb{M}_1 \times (\mathbb{M}_2 \cap \mathbb{M}_3) &= (\mathbb{M}_1 \times
\mathbb{M}_2) \cap (\mathbb{M}_1 \times \mathbb{M}_3)

Für Verknüpfungen mit der leeren Menge \emptyset gilt:

\mathbb{M} \cup \emptyset &= \mathbb{M} \\
\mathbb{M} \cap \emptyset &= \emptyset \\
\mathbb{M} \setminus \emptyset  &= \mathbb{M} \\
\emptyset \setminus \mathbb{M} &= \emptyset \\

Die Mächtigkeit von Mengen

Haben zwei endliche Mengen \mathbb{M}_1 und \mathbb{M}_2 die gleiche Anzahl an Elementen, so bezeichnet man \mathbb{M}_1 und \mathbb{M}_2 als gleichmächtig. Die Anzahl A aller Elemente einer endlichen Menge \mathbb{M} wird auch Kardinalzahl genannt.

Die Abzählbarkeit

Die Mächtigkeit von unendlichen Mengen wird an der Menge der natürlichen Zahlen \mathbb{N} = \{ 0 ,\, 1 ,\, 2 ,\, \ldots \} gemessen. Lässt sich jedes Element einer Menge \mathbb{M} in eindeutiger Weise einem Element aus \mathbb{N} zuordnen, so wird die Menge \mathbb{M} als abzählbar bezeichnet; die Elemente von \mathbb{M} lassen sich also mit Hilfe der natürlichen Zahlen „numerieren“.

Beispiel:

  • Jeder Zahl n aus der Menge der natürlichen Zahlen \mathbb{N} kann durch die Zuordnung 2 \cdot n eine geradzahlige natürliche Zahl zugeordnet werden. Die (unendliche) Menge der geradzahligen natürlichen Zahlen ist somit ebenfalls abzählbar.

Ist eine Menge nicht abzählbar, wie beispielsweise die Menge \mathbb{R} der reellen Zahlen, so wird sie überabzählbar genannt.


Anmerkungen:

[1]

Genaugenommen lassen sich, wenn man den Begriff „Menge“ nicht genauer fasst, paradoxe Aussagen formulieren. Am bekanntesten ist die Russelsche Antinomie:

„Gibt es eine Menge, die nur Elemente enthält mit der Eigenschaft, dass sie in keiner Menge enthalten sind?“

Durch eine Formulierung von bestimmten Bedingungen, die jede Menge erfüllen muss, konnten die Mathematiker Ernst Zermelo und Abraham Adolf Fränkel im Jahr 1930 eine widerspruchsfreie Mengenlehre einführen. Für die meisten alltäglichen Mathematik-Aufgaben genügt allerdings der ursprüngliche Mengenbegriff.

[2]

Ein Element (x,y) einer Produktmenge ist nicht mit einer Menge \{ x,y \} zu verwechseln. Während in letzterer die Reihenfolge von x und y keine Rolle spielt, d.h. \{ x,y \} = \{ y,x \} gilt, sind zwei Elemente einer Produktmenge nur gleich, wenn ihre Komponenten paarweise gleich sind, wenn also gilt:

(x_1 ,\, y_1 ) = (x_2 ,\, y_2 ) \Leftrightarrow (x_1 = x_2) \wedge (y_1
= y_2)

[3]Da hierbei die Reihenfolge der Zusammenfassung beliebig ist, kann auf die Klammern verzichtet werden.
[4]

Genau genommen entspricht die obige Darstellung nur der „linksseitigen“ Distributivität. Für zwei Mengen gilt jedoch ebenso die „rechtsseitige“ Distributivität:

(\mathbb{M}_2 \cup \mathbb{M}_3) \cap \mathbb{M}_1 &= (\mathbb{M}_1 \cap
\mathbb{M}_2) \cup (\mathbb{M}_1 \cap \mathbb{M}_3) \\
(\mathbb{M}_2 \cap \mathbb{M}_3) \cup \mathbb{M} _1 &= (\mathbb{M}_1
\cup \mathbb{M}_2) \cap (\mathbb{M}_1 \cup \mathbb{M}_3)

Gelten sowohl die linksseitige wie auch die rechtsseitige Distributivität, wird allgemein von „Distributivität“ gesprochen.


Hinweis

Zu diesem Abschnitt gibt es Übungsaufgaben.