Zufallsexperimente und Ereignisse

Experimente, die unter gleichen Bedingungen zu gleichen Ergebnissen führen, bezeichnet man als determiniert. Im Rahmen der Wahrscheinlichkeitsrechnung werden hingegen meist zufällige Vorgänge betrachtet.

Zufallsexperimente

Als Experiment bezeichnet man allgemein einen Vorgang, der (zumindest prinzipiell) beliebig oft wiederholt werden kann. Dabei ist klar festgelegt, welche Messgröße beobachtet werden soll, jedes mögliche Ergebnis kann also eindeutig festgestellt werden. Eine einzelne Durchführung eines Experiments nennt man Versuch.

Ein Experiment, bei dem die Menge aller möglichen Ergebnisse bekannt ist, jedoch nicht das bei der Durchführung eines Versuchs tatsächlich eintretende Ergebnis, bezeichnet man als Zufallsexperiment.

Beispiel:

  • In einer Urne befinden sich 50 gleichartige Kugeln mit den Nummern 1,
2, \ldots, 50. Eine Kugel wird blind gezogen und anschließend ihre Nummer notiert. Es können dabei 50 mögliche Ergebnisse auftreten, wobei die Nummer der gezogenen Kugel k genannt wird.

Für die einzelnen Versuchsergebnisse werden üblicherweise Kurzbezeichnungen eingeführt, beispielsweise k für das Ergebnis „Die gezogene Kugel hat die Nummer k„. Alle möglichen Versuchsergebnisse fasst man zu einer so genannten Ergebnismenge \Omega zusammen. Im obigen Fall gilt beispielsweise:

\Omega = \{ \; 1 ,\, 2 ,\, \ldots ,\,  50 \; \}

Die einzelnen, voneinander verschiedenen Ergebnisse eines Zufallsexperiments werden allgemein mit \omega _1 , \omega _2, \ldots bezeichnet. Allgemein besteht eine Ergebnismenge also aus folgenden Elementen:

\Omega = \{ \; \omega_1 ,\, \omega_2 ,\, \ldots ,\, \omega_{\mathrm{n}} \; \}

Mehrstufige Zufallsexperimente

Einstufige Zufallsexperimente, wie beispielsweise das Ziehen einer Kugel aus einer Urne, können zu mehrstufigen Zufallsexperimenten zusammengesetzt werden. Hierbei wird das zu Grunde liegende einstufige Zufallsexperiment mehrfach ausgeführt.

Beispiel:

  • Eine Münze wird zweimal geworfen. Bei jedem Wurf kann entweder das Ergebnis „Kopf“ (K) oder „Zahl“ (Z) eintreten. Insgesamt lassen sich die möglichen Versuchsergebnisse durch ein Tupel zweier Werte beschreiben. Für die Ergebnismenge gilt in diesem Fall also:

    \Omega = \{ \; (K,K) ,\,  (K,Z) ,\,  (Z,K) ,\,  (Z,Z) \; \}

Die Ergebnismenge im obigen Beispiel lässt sich auch als Produktmenge \{K,Z\} \times \{K,Z\} der Ergebnismengen eines einmaligen Werfens einer Münze darstellen. Allgemein lässt sich ein k-stufiges Zufallsexperiment mit Hilfe von geordneten Zahlenpaaren der Länge k (so genannten „k-Tupeln“) beschreiben.

fig-baumdiagramm-muenzwurf

Baumdiagramm eines dreimailigen Münzwurfes.

Eine Ergebnismenge kann durch einen so genannten Ergebnisbaum veranschaulicht werden. Jedem Ergebnis entspricht dabei einem Weg durch den Ergebnisbaum.

Ereignisse

Ereignisse werden formal durch Teilmengen von \Omega beschrieben.

Beispiel:

  • Eine Urne enthält 15 Kugeln, wobei je zwei Kugeln mit den Nummern 0,1,2,3,4 und je eine Kugel mit den Nummern 5,6,7,8,9 vorkommen. Es wird eine Kugel blind gezogen und ihre Nummer notiert, die Ergebnismenge ist also \Omega = \{ 0,1,2, \ldots, 9\}.

    Fasst man das Zufallsexperiment als Glücksspiel auf, bei dem man gewinnt, wenn eine Nummer \ge 5 gezogen wird, so tritt dieses Ereignis genau dann ein, wenn die gezogene Nummer gleich 5,\,6,\,7,\,8 oder 9 ist, das Versuchsergebnis also zur Menge M = \{ 5,6,7,8,9 \} gehört. Das Ereignis ist also durch die Menge M eindeutig beschrieben.

Allgemein beschreibt jede Teilmenge M von \Omega ein Ereignis. Ist die Teilmenge mit \Omega identisch (M = \Omega), so spricht man von einem sicheren Ereignis, ist die Teilmenge gleich der leeren Menge (M = \emptyset), so handelt es sich um ein unmögliches Ereignis. Beinhaltet die Teilmenge genau ein Element \omega, so nennt man das Ereignis elementar.[1]

Die Menge aller möglichen Ereignisse, also die Menge aller Teilmengen von \Omega, heißt Ereignismenge \mathcal{ P }(\Omega).[2]

Da es sich bei Ereignissen um Mengen handelt, können diese ebenfalls durch Mengenoperationen miteinander verknüpft werden:

  • Betrachtet man die Schnittmenge M_1 \cap M_1 zweier Ereignisse, so spricht man von einem UND-Ereignis (M_1 und M_1).
  • Betrachtet man die Vereinigungsmenge M_1 \cup M_1 zweier Ereignisse, so spricht man von einem ODER-Ereignis (M_1 und M_1).
  • Betrachtet man die Komplementmenge \overline{M_1} eines Ereignisses, so spricht man von einem Gegenereignis (nicht M_1).

Durch Bildung von Vereinigungs-, Schnitt- und Komplementmengen lassen sich nach den Rechenregeln der Mengenlehre weitere Ereignisse formulieren beziehungsweise Beschreibungen von Ereignissen vereinfacht werden.

Können zwei Ereignisse M_1 und M_2 nicht gleichzeitig eintreten, ist also M_1 \cap M_2 = \emptyset, so nennt man die Ereignisse unvereinbar. Dies ist stets bei einem Ereignis M und dem entsprechenden Gegenereignis \overline{M} der Fall, es sind jedoch auch weitere Fälle möglich.

Beispiel:

  • Ein Würfel wird zweimal geworfen und jeweils die Augenzahl notiert. Dabei werden folgende Ereignisse betrachtet:

    • M_1: „Die Summe der Augenzahlen ist gleich 7„, also M_1 = \{ (1,6),\, (2,5),\, (3,4),\, (4,3),\, (5,2),\, (6,1) \}.
    • M_2: „Pasch: Die beiden Augenzahlen sind gleich“, also M_1 =
\{ (1,1),\, (2,2),\, (3,3),\, (4,4),\, (5,5),\, (6,6) \}.

    In diesem Beispiel gilt M_1 \cap M_2 = \emptyset, die Ergeignisse sind also unvereinbar.


Anmerkungen:

[1]Zwischen dem Ergebnis \omega und dem Elementarereignis \{\omega\} besteht ein formaler Unterschied: Während \omega ein Element der Ergebnismenge \Omega ist, ist \{\omega\} ein Element der Ereignismenge \mathcal{P}(\Omega).
[2]In der Mengenlehre bezeichnet man \mathcal{P}(\Omega) als Potenzmenge von \Omega. Eine n-elementige Menge besitzt 2^n Teilmengen, für |\Omega| = n ist also |
\mathcal{P}(\Omega) | = 2^n. Zu einem Zufallsexperiment mit einer n-elementigen Ergebnismenge gibt es also 2^n mögliche Ereignisse.

Hinweis

Zu diesem Abschnitt gibt es Übungsaufgaben.