Ausdehnung bei Erwärmung¶
Die meisten festen, flüssigen und gasförmigen Körper dehnen sich beim Erwärmen aus und ziehen sich beim Abkühlen zusammen. Gase dehnen sich bei Erwärmung am meisten, feste Stoffe am wenigsten aus.
Ausdehnung von Festkörpern¶
Ändert sich die Temperatur eines festen Körpers um einen bestimmten Betrag, so ändert sich entsprechend auch seine Länge beziehungsweise seine Fläche und sein Volumen. Mit steigender Temperatur nimmt die Länge zu, mit sinkender Temperatur nimmt die Länge ab.
Formel:
Stoff | |
Aluminium | |
Beton | |
Blei | |
Eisen | |
Quarzglas | |
Holz | |
Kupfer | |
Messing | |
Silber | |
Silicium | |
Titan | |
Wolfram | |
Ziegel | |
Zinn |
Beispiel:
Eine lange Eisenstange wird um erwärmt. Mit dem thermischen Längenausdehnungskoeffizient lässt sich die Längenänderung der Stange berechnen:
Die Längenausdehnung beträgt somit rund .
Auf ähnliche Weise wie in Gleichung (2) kann die neue Fläche beziehungsweise das neue Volumen eines festen Körpers der Fläche beziehungsweise des Volumens bei einer Temperaturänderung um berechnet werden. Dabei geht man davon aus, dass sich der betrachtete Festkörper in alle Richtungen gleich ausdehnt:[2]
In sehr guter Näherung kann die Volumenausdehnung von Festkörpern auch folgendermaßen geschrieben werden:[3]
Hierbei ist der so genannte Volumen-Ausdehnungskoeffiezient.
Im Wesentlichen ist temperaturbedingte Längen- beziehungsweise Volumenzunahme eines Festkörpers darauf zurückzuführen, dass die Atome beziehungsweise Moleküle des Festkörpers mit zunehmender Temperatur stärker um ihre Ruhelage schwingen. Dadurch vergrößern sich die Abstände zwischen den einzelnen Teilchen, und das Volumen des Körpers nimmt zu; zugleich nehmen die Kohäsionskräfte, welche die Atome beziehungsweise Moleküle des Festkörpers zusammen halten, geringer.
In der Technik versucht man geeignete Materialkombinationen zu nutzen, um mechanische Spannungen aufgrund von (unterschiedlich starken) Wärmeausdehnungen zu vermeiden. Beispielsweise werden in den Übergangskonstruktionen von Brücken Dehnungsfugen und Gleitlager eingesetzt, um temperaturbedingte Spannungen zu minimieren.
Ausdehnung von Flüssigkeiten¶
Ändert sich die Temperatur einer Flüssigkeit um einen bestimmten Betrag, so ändert sich entsprechend auch ihr Volumen. Mit steigender Temperatur nimmt das Volumen zu, mit sinkender Temperatur nimmt das Volumen ab.
Formel:
Die Volumenänderung einer Flüssigkeit des Volumens ist proportional zur Temperaturänderung sowie zum (vom Stoff abhängigen) thermischen Volumenausdehnungskoeffizient :
(3)¶
Stoff | |
Aceton | |
Benzin | |
Essigsäure | |
Ethanol | |
Glycerin | |
Quecksilber | |
Wasser |
Im Wesentlichen ist temperaturbedingte Volumenzunahme von Flüssigkeiten darauf zurückzuführen, dass die Geschwindigkeit der Atome beziehungsweise Moleküle in der Flüssigkeit zunimmt. Die Teilchen beanspruchen so mehr Raum innerhalb der Flüssigkeit, das Volumen nimmt zu.
Ändert sich das Volumen einer bestimmten Flüssigkeitsmenge, so ändert sich auch die Dichte der Flüssigkeit.[4] Im Allgemeinen nimmt die Dichte von Flüssigkeiten mit wachsender Temperatur ab.
Formel:
Durch eine Temperaturänderung um ändert sich die Dichte einer Flüssigkeit umgekehrt proportional zum Volumenausdehnungskoeffizient . Für die neue Dichte der Flüssigkeit gilt:
Die Anomalie des Wassers
Eine große Besonderheit („Anomalie“) des Wassers liegt darin, dass es bei seine größte Dichte hat. Unterhalb dieser Temperatur dehnt es sich wieder aus, bis es bei zu Eis erstarrt.
Beispiel:
- Im Sommer ist die Oberfläche eines Sees warm. Die Temperatur sinkt mit zunehmender Tiefe.
- Im Herbst kühlt das Wasser an der Oberfläche ab und sinkt nach unten. Das Tiefenwasser steigt empor und wird an der Oberfläche ebenfalls abgekühlt. Schließlich herrscht überall im Wasser die Temperatur .
- Im Winter wird das Wasser an der Oberfläche weiter abgekühlt, sinkt aber nicht mehr ab. Bei bildet sich an der Oberfläche des Sees eine (isolierende) Eisdecke, die Wassertemperatur am Grund des Sees beträgt weiterhin . Bei starkem und lang anhaltendem Frost wird die Eisdecke zunehmend dicker; flache Gewässer können dann von oben bis zum Grund gefrieren.
Eine zweite Besonderheit des Wassers liegt darin, dass es im erstarrten Zustand (Eis) eine geringere Dichte hat als im flüssigen Zustand. Dies hat einerseits zur Folge, dass Eis in Wasser schwimmt; andererseits dehnt sich Wasser beim Erstarren stark aus. Dabei kann es große Kräfte ausüben – mit Wasser gefüllte Gefäße können beim Gefrieren des Wassers platzen („Sprengwirkung“ des Eises). Bei Kraftfahrzeugen werden daher Frostschutzmittel in das Kühlwasser gemischt, welche die Erstarrungstemperatur absenken und ein Erstarren der Kühlflüssigkeit verhindern sollen.
Ausdehnung von Gasen¶
Bei Erwärmung dehnen sich Gase wesentlich stärker aus als Flüssigkeiten. Bleibt der Druck eines Gases während der Erwärmung konstant, so dehnt es sich proportional zur absoluten Temperatur aus.
Formel:
Bleibt der Druck während einer Temperaturänderung konstant, so ist die Volumenänderung eines Gases mit Volumen proportional zur Temperaturänderung sowie zum thermischen Volumenausdehnungskoeffizient :
(4)¶
Dabei gilt in guter Näherung für alle Gase:
(5)¶
Der Volumenausdehnungskoeffizient bei konstantem Druck ist somit näherungsweise für alle Gase gleich.
Beispiel:
Werden Luft von auf erwärmt, so ändert sich das Volumen der Luft um
Das Luftvolumen nimmt somit um etwa zu.
Die temperaturbedingte Volumenzunahme von Gasen ist – wie bei Flüssigkeiten – im wesentlichen darauf zurückzuführen, dass die Geschwindigkeit der Atome beziehungsweise Moleküle im Gas zunimmt. Dadurch beanspruchen die Teilchen mehr Raum, das Volumen des Gases nimmt zu. Experimentell lässt sich eine Ausdehnung bei konstantem Druck beispielsweise mittels eines (Luft-)Ballons in einem Wasserbad oder mittels eines Zylinders mit beweglichem Kolben verwirklichen. In beiden Fällen bleibt die Menge der Gasteilchen innerhalb des Gefäßes konstant, es handelt sich also um geschlossene Systeme.
Kann ein Gas während einer Temperaturänderung um sein Volumen nicht ändern, weil es beispielsweise in einem festen Behälter eingesperrt ist, so ändert sich anstelle dessen sein Druck .
Definition:
Bleibt das Volumen während einer Temperaturänderung konstant, so ist die Druckänderung eines Gases mit Druck proportional zur Temperaturänderung sowie zum (vom Stoff abhängigen) thermischen Volumenausdehnungskoeffizient :
(6)¶
Die Zustandsgleichung eines idealen Gases
Unter Normaldruck und weit oberhalb des Siedepunkts verhalten sich alle Gase näherungsweise wie ein ideales Gas, d.h. das Volumen der einzelnen Gasteilchen kann (im Vergleich zum Gesamtvolumen) ebenso vernachlässigt werden wie die Wechselwirkung der einzelnen Teilchen untereinander.
Für das thermische Verhalten eines Gases sind neben der Temperatur auch auch der Druck und das Volumen von Bedeutung.
Formel:
Bleibt die Masse eines (idealen) Gases konstant, so ist das Produkt aus Druck und Volumen , geteilt durch die absolute Temperatur , konstant:
(7)¶
Die Gleichung (7) wird als „Zustandsgleichung eines idealen Gases“ bezeichnet und gilt unter Normalbedingungen auch in sehr guter Näherung für reale Gase. Sie wird häufig auch in folgender Form geschrieben:
Dabei werden mit die thermischen Größen eines Gases vor einer Zustandsänderung beschrieben, entsprechend stellen die thermischen Größen nach der Zustandsänderung dar. Bei Kenntnis von fünf der sechs vorkommenden Größen kann somit jederzeit auch die sechste Größe berechnet werden.
Beispiel:
Ein Gas mit einem Volumen von , einem Druck von und einer Temperatur von wird erwärmt. Dabei beträgt die neue Temperatur , gleichzeitig wird der Druck auf erhöht. Mit Hilfe der Zustandsgleichung für ideale Gase kann das neue Volumen berechnet werden:
Das neue Luftvolumen beträgt somit rund .
Aufgrund der vielen auftretenden Variablen ist die (allgemeine) Zustandsgleichung eines idealen Gases (7) etwas „unübersichtlich“. Anschaulicher wird die Bedeutung der Gleichung, wenn man die drei möglichen Spezialfälle betrachtet, die sich ergeben, wenn jeweils eine der Zustandsgrößen konstant bleibt:
Wird das Volumen konstant gehalten („isochore“ Zustandsänderung), so ist das Verhältnis aus Druck und Temperatur konstant:
Wird beispielsweise die (absolute) Temperatur eines Gases bei gleich bleibendem Volumen verdoppelt, so verdoppelt sich auch der Druck im Gas.
Wird der Druck konstant gehalten („isobare“ Zustandsänderung[5]), so ist das Verhältnis aus Volumen und Temperatur konstant:
Wird die Temperatur eines Gases bei gleich bleibendem Druck erhöht, erhöht sich auch das Volumen und umgekehrt. Wird beispielsweise die Temperatur eines Gases verdoppelt, so verdoppelt sich auch sein Volumen.
Die Bestätigung dieses Zusammenhangs durch zahlreiche Experimente ist Grundlage der Festlegung der absoluten Temperatur auf : Bei dieser Temperatur würde ein ideales Gas kein Volumen mehr besitzen. Praktisch wird dieser „absolute Nullpunkt“ nicht erreicht; reale Gase kondensieren vorher zu einer Flüssigkeit.
Wird die Temperatur konstant gehalten („isotherme“ Zustandsänderung[6]), so ist bei Gasen das Produkt aus Druck und Volumen konstant:
Wird das Volumen eines Gases bei gleich bleibender Temperatur verkleinert, erhöht sich der Druck und umgekehrt. Wird beispielsweise das Volumen eines Gases bei konstanter Temperatur halbiert, so verdoppelt sich der Druck.
Eine Erweiterung der Zustandsgleichung für ideale Gase stellt die allgemeine Gasgleichung dar.
Anmerkungen:
[1] | Genau genommen stellen die Wärmeausdehnungs-Formeln „nur“ Näherungen dar; für die meisten Anwendungen sind sie allerdings völlig ausreichend. Siehe auch Wärmeausdehnung (Wikipedia) beziehungsweise Ausdehnungskoeffizient (Wikipedia) |
[2] | Tatsächlich gibt es spezielle Festkörper-Kristalle, die in unterschiedlichen Raumrichtungen unterschiedliche physikalische Eigenschaften aufweisen. Die Untersuchung und Berechnung derartiger Besonderheiten ist ein Teilgebiet der Festkörperphysik. |
[3] | Die Näherungsformel erhält man, wenn man den Term ausmultipliziert: Dadurch, dass die Werte von sehr klein sind (Größenordnung: Ein Millionstel), können die höheren Potenzen von im obigen Ergebnis in sehr guter Näherung vernachlässigt werden, da sie gegenüber dem linearen Term um ein vielfaches geringer sind. Es gilt somit bei Festkörpern stets . |
[4] | Dies gilt genauso auch für Festkörper; da jedoch die Wärmeausdehnung bei Festkörpern wesentlich geringer ist als bei Flüssigkeiten, kann die temperaturbedingte Dichteänderung von Festkörpern meist vernachlässigt werden. |
[5] | Der Zusammenhang für wird zu Ehren des Entdeckers Joseph Gay-Lussac auch als „Gesetz von Gay-Lussac“ bezeichnet. |
[6] | Der Zusammenhang für wird zu Ehren der Entdecker Robert Boyle und Edme Mariotte auch als „Gesetz von Boyle-Mariotte“ bezeichnet. |
Hinweis
Zu diesem Abschnitt gibt es Experimente und Übungsaufgaben.