Mechanik der Gase

In der Ärodynamik werden die mechanischen Eigenschaften von Gasen, insbesondere von Luft, untersucht.

Druck und Volumen

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Gasen und Flüssigkeiten besteht darin, dass Gase verhältnismäßig leicht komprimierbar sind; ihr Volumen V nimmt also ab, wenn von außen ein erhöhter Druck p auf einen verformbaren Gasbehälter (beispielsweise einen Luftballon) ausgeübt wird. Lässt der Druck wieder nach, so nimmt entsprechend auch das Volumen des Gases wieder zu.

Bleibt die Temperatur des Gases während eines Kompressions- beziehungsweise Expansionsvorgangs konstant, so gilt:[1]

(1)p_1 \cdot V_1 = p_2 \cdot V_2

Wichtig: Für p_1 und p_2 müssen bei Verwendung dieser Formel stets absolute Druckwerte eingesetzt werden; zu einem mittels eines Manometers gemessenen Druckwert muss also stets der Luftdruck (rund \unit[1]{bar}) hinzu addiert werden.

Die Volumina eines Gases verhalten sich sich also indirekt proportional zu den jeweils vorherrschenden Druckwerten. Grafisch kann dieser Zusammenhang mittels eines p(V)-Diagramms dargestellt werden:

fig-boyle-mariotte

Das Boyle-Mariottesche Gesetz: Indirekte Proportionalität zwischen Druck und Volumen.

Die Kurve im p(V)-Diagramm entspricht wegen p \propto
\frac{1}{V} einer Hyperbel; man kann erkennen, dass das Volumen des Gases auch bei sehr hohem Druck nicht gleich Null werden kann, und umgekehrt durch eine zunehmende „Verdünnung“ der Luft ebenso immer ein Restdruck verbleibt. Mittels so genannten Vakuumpumpen, die im Gegensatz zu Kompressoren die Luft lediglich immer weiter verdünnen, kann somit kein echtes Vakuum erzeugt werden, sondern nur ein sich asymptotisch an p=\unit[0]{Pa} annähernder Druckwert.

Luftdruck und Barometrische Höhenformel

Gase haben – im Verhältnis zu Flüssigkeiten – eine nur sehr geringe Masse. Während ein Liter Wasser ein Kilogramm schwer ist, wiegt ein Liter Luft unter Normalbedingungen gerade einmal knapp 1,3 Gramm. Dennoch bewirkt auf unserem Planeten das Gewicht der Luft, ähnlich wie beim Schweredruck in Flüssigkeiten, einen so genannten Luftdruck, der umso größer ist, je weiter unten man sich in dem die Erde umgebenden „Luftmeer“ befindet.

Der „normale“ Luftdruck p_0 \approx \unit[1,0]{bar} in Bodennähe resultiert aus dem Gewicht der darüber liegenden Luftschichten. Da für \unit[1]{bar} = \unit[10^5]{Pa} = \unit[10^5]{\frac{N}{m^2}} gilt, entspricht der durch die Luft ausgeübte Druck in Bodennähe rund einem Gewicht von \unit[10]{t} je Quadratmeter beziehungsweise \unit[1]{kg} je Quadrat-Zentimeter.[2]

fig-luftdruck

Veranschaulichung der Größe des „normalen“ Luftdrucks (1 bar).

Bei Standardbedingungen, das heißt einem Luftdruck von p_0 =
\unit[1,01325]{bar} und einer Temperatur von T_0 = \unit[0]{\degree C} nimmt ein Mol eines beliebigen Gases ein Volumen von V_0 =
\unit[22,4]{l} ein („Normalvolumen“). Da die Masse eines Gases in einem geschlossenen System gleich bleibt, bewirkt eine Veränderung des Gasvolumens V neben einer Veränderung des Drucks auch eine Veränderung der Gasdichte \rho. Es gilt:[3]

(2)\frac{\rho_1}{\rho_2} = \frac{p_1}{p_2}

Bei einem niedrigem Gasdruck nimmt das Volumen eines Gases zu, seine Dichte hingegen ab; in höheren Luftschichten ist daher die Luft „dünner“. Für den Luftdruck p gilt in Abhängigkeit von der Höhe h die so genannte „barometrische Höhenformel“:[4]

(3)p = p_0 \cdot e^{-\frac{h}{h_{\mathrm{s}}}}

Hierbei ist p_0 der Luftdruck auf Meereshöhe und h_{\mathrm{s}} eine so genannte „Skalenhöhe“, die angibt, ab wie vielen Metern der Druck auf 1/e \approx 36,8\% des ursprünglichen Werts p_0 abfällt. Auf der Erde ist h_{\mathrm{s}} \approx \unit[8,0]{km}. Die Höhe, bei welcher der Luftdruck bzw. die Luftdichte nur noch halb so groß ist, liegt damit etwa bei \unit[5,5]{km}.

Technisch wird der Zusammenhang zwischen Druck und Dichte beispielsweise in Vakuumpumpen genutzt, mit deren Hilfe das zu evakuierende Luftvolumen schrittweise verdünnt wird; im umgekehrten Fall kann mittels Kompressoren oder Luftpumpen das Luftvolumen kontinuierlich verkleinert werden. Das Luftvolumen kann jedoch nicht unendlich vergrößert oder verkleinert werden. Die Grenzen für elektrische Vakuumpumpen liegen daher bei etwa \unit[10^{-2}]{mbar}; mit mehrstufigen Hochvakuum-Pumpen können Drücke von rund \unit[10^{-3}]{mbar}) erreicht werden, mit Ultrahochvakuum-Pumpen sind sogar Drücke von \unit[10^{-7}]{mbar} möglich.[5] Im umgekehrten Anwendungsfall kann man mit Luftpumpen bis zu \unit[5]{bar}, mit Kompressoren oder guten Stand-Luftpumpen bis zu \unit[12]{bar} erreichen.

Auftrieb in Gasen

Für die (statische) Auftriebskraft F_{\mathrm{A}} in Gasen gilt die gleiche Formel wie für die Auftriebskraft in Flüssigkeiten:

(4)F_{\mathrm{A}} = \rho_{\mathrm{G}} \cdot g \cdot V_{\mathrm{K}}

Hierbei bezeichnet V_{\mathrm{K}} das Volumen des Körpers, g =
\unit[9,81]{\frac{N}{kg}} die Erdbeschleunigung und \rho_{\mathrm{G}} die Dichte des Gases. Da die Dichte von Luft \rho_{\mathrm{Luft}} \approx
\unit[1,3]{\frac{kg}{m^3}} unter Normalbedingungen rund 1000-mal kleiner ist als die Dichte von Wasser (\rho_{\mathrm{Wasser}} =
\unit[1000]{\frac{kg}{m^3}}), können in Luft nur Körper mit einer sehr geringen (durchschnittlichen) Dichte aufsteigen. Die Steighöhe beispielsweise von Ballonen wird zudem dadurch begrenzt, dass die Dichte der Luft mit zunehmender Höhe abnimmt.


Anmerkungen:

[1]Die Gleichung (1) wird nach ihren Entdeckern Robert Boyle und Edme Mariotte „Gesetz von Boyle-Mariotte“ genannt und ist ein Sonderform der Zustandsgleichung für ideale Gase.
[2]

Nach der Zustandsgleichung für ideale Gase gilt p \cdot V = n \cdot R \cdot T, wobei n die (konstante) Stoffmenge in Mol und R = \unit[8,31]{\frac{J}{mol
\cdot K}} die allgemeine Gaskonstante ist. Die Stoffmenge n ist über die Beziehung n = \frac{m}{m_{\mathrm{Mol}}} mit der Masse m des Gases verknüpft, wobei m_{\mathrm{Mol}} die stoffspezifische molare Masse des Gases angibt. Es gilt also:

p \cdot V = \frac{m}{m_{\mathrm{Mol}}} \cdot R \cdot T \quad
\Longleftrightarrow \quad p = \frac{m}{V} \cdot \frac{R \cdot
T}{m_{\mathrm{Mol}}}

Der Term \frac{m}{V} auf der rechten Gleichungsseite gibt die Dichte des Gases an. Da R und m_{\mathrm{Mol}} konstante Werte sind, gilt bei konstanter Temperatur \frac{p}{\rho} =
\text{konstant}, also \frac{p_1}{\rho_1} = \frac{p_2}{\rho_2}.

[3]

Bei der Herleitung der barometrischen Höhenformel wird vom Schweredruck in Flüssigkeiten ausgegangen; für den Druckunterschied \Delta p bei einem Höhenunterschied \Delta
h gilt:

\Delta p = - \rho \cdot g \cdot \Delta h

Hierbei steht \rho für die Dichte und g für den Ortsfaktor. Das Minuszeichen ergibt sich daraus, dass der Druck mit zunehmender Höhe geringer wird (da bei Flüssigkeiten h für die Eintauchtiefe steht, wird der Druck in diesem Fall größer, wenn h größer wird.)

Bei konstanter Temperatur hängt bei Gasen die Dichte \rho und der Druck p in der Höhe h über \frac{\rho}{\rho_0} =
\frac{p}{p_0} mit der Dichte \rho_0 und dem Druck p_0 in der Ausgangshöhe h=\unit[0]{m} zusammen. Umgeformt gilt also:

\rho = \frac{p}{p_0} \cdot \rho_0

Setzt man diesen Ausdruck für \rho in die vorherige Gleichung ein, erhält man folgenden Ausdruck:

\Delta p = - \frac{p}{p_0} \cdot \rho_0 \cdot g \cdot \Delta h

Dividiert man beide Seiten dieser Gleichung durch p, so folgt:

\frac{\Delta p}{p} = -\frac{\rho_0}{p_0} \cdot g \cdot \Delta h

Wertet man die relativen Druckänderung für eine jeweils nur kleine Höhenänderung aus, so kann man alle Änderungen von 0 bis h aufsummieren; dies entspricht im mathematischen Sinn einem Integral:

\int_{p_0}^{p} \frac{\mathrm{d} p}{p} = \int_{0}^{h} -\frac{\rho_0}{p_0}
\cdot g \cdot \mathrm{d}  h

Auf der linken Seite wurden die Integralgrenzen gemäß einer Integration durch Substitution umgerechnet. Auf der rechten Seite ist der Term -\frac{\rho_0}{p_0}
\cdot g nicht von der Höhe h abhängig und kann somit als konstanter Faktor vor das Integral gezogen werden:

\int_{p_0}^{p} \frac{\mathrm{d} p}{p} = -\frac{\rho_0}{p_0} \cdot g
\cdot \int_{0}^{h} \mathrm{d} h

Das Integral auf der linken Seite kann ebenfalls unmittelbar berechnet werden, wenn man p(h) als Funktion der Höhe auffasst. Auf der linken Gleichungsseite steht damit eine zusammengesetzte Funktion, deren Zähler der Ableitung des Nenners entspricht. Mit der entsprechenden Integrationsmethode folgt:

\ln{(p)} - \ln{(p_0)} = - \frac{\rho_0}{p_0} \cdot g \cdot h

Mit Hilfe der Rechenregeln für Logarithmen kann der Term auf der linken Seite als \ln{\left(
\frac{p}{p_0}\right)} geschrieben werden. Um die resultierende Logarithmus-Gleichung aufzulösen, kann man auf beiden Seiten der Gleichung e mit den jeweigen Termen potenzieren. Wegen e^{\ln{(x)}} = x folgt schließlich:

p = p_0 \cdot e^{- \frac{\rho_0}{p_0} \cdot g \cdot h}

[4]Dieser Druck ist erheblich, wird aber von uns Menschen kaum wahrgenommen, da wir einen gleich großen Druck auch in unseren Lungen haben und daher nicht zusammengepresst werden.
[5]Mit einfachen Wasserstrahlpumpen lässt sich ein Druck von rund \unit[10]{hPa} erreichen. Für viele prinzipielle Versuche, beispielsweise Magdeburger Halbkugeln oder Fallröhren reicht dieser Druck bereits aus.

Hinweis

Zu diesem Abschnitt gibt es Übungsaufgaben.